Montag, 12. November 2012

Rezension: Mimi und Aicha

Mimi und Aicha
  
Mimi und Aicha sind zwei Frauen, die in Belgien leben. Die eine, Mimi, ist in Belgien geboren, die andere, Aicha, in Marokko. Beide haben marokkanische Eltern und die Väter haben in Belgien eine Arbeit gefunden. 
Der Vater von Aicha geht zunächst allein nach Belgien und ist traurig, dass die Familie so weit weg ist. Mimis Eltern leben schon länger in Belgien und Mimi und ihre sieben Geschwister wachsen dort auf.

Ähnlichkeiten und Unterschiede
In der Schule lernen sich Aicha und Mimi kennen und trotz unterschiedlicher Ansichten und Erfahrungen bleiben sie unzertrennliche Freundinnen. Sie tauschen sich über ihre Eltern, Tanten und Onkeln und ihre Erfahrungen bei Ferien in Marokko aus.

Dadurch, dass Aicha einige Kinderjahre in Marokko verbrachte, hat sie noch den „Geruch der Minze, des Mittelmeeres und die Musik Marokkos“ im Gefühl, während Mimi ihre Erfahrungen des „anders“ Aussehens und Seins in Belgien macht. Sie werden ihr zuerst in der Schule bewusst, wenn sie zum Beispiel als Muslimin zu Nikolaus und Weihnachten von ihren Eltern keine Geschenke bekommt. Sie hat ihre Geschenke schon nach Ramadan und zum Aid el Kebir bekommen, aber als Kind hat sie den Unterschied nicht verstanden.

Schwierige Jugendzeit



Als Mimi älter wird begehrt sie auf und wehrt sich gegen die Lehrer, die Marokkaner ungerecht behandeln, obwohl sie sich mehr als Belgierin sieht.
In ihrem Elternhaus geht es oft laut und turbulent zu und ihr Vater ist der Partiarch, der allerdings nicht ganz so streng ist, wie der Vater von Aicha, der sie und ihre Brüder in der Jugendzeit kontrollieren möchte.
Schlimm wird es, als Ende der 1970er Jahre im Fernsehen der iranische Ayatollah Chomeini seine Hasspredigten gegen die westliche Welt aufnimmt und der Vater von Aicha seine Arbeit verliert und zu Hause Bilder von der Wand hängt und Musik verbietet. Doch er kann die Zeit und seine Kinder nicht aufhalten und so erkennt er seine eigene Tochter nicht, als er an ihr vorbeigeht und sie anstatt eines Umhangs und Schleiers europäische Kleidung trägt.

Hochzeit auf marokkanisch
Zur Hochzeit einer marokkanischen Bekannten, die in Belgien heiratet, sind die inzwischen jungen Frauen zum ersten Mal eingeladen. Sie sind ganz erstaunt , wie befreit die Frauen tanzen, so wild, dass eine von ihnen in Trance fällt und Aicha fragt sich, ob die Djenoun, die Geister auch schon nach Europa auswandern, so ganz ohne Visum. Auch über die zweideutigen Lieder sind Mimi und Aicha so erstaunt, dass sie sie zuerst kaum verstehen.

Mimi und Aicha gehen ihren Weg
Als Mimi älter wird, stellt sie Vergleiche an und erkennt natürlich Unterschiede zwischen Aichas und Ihrer Familie, die insgesamt doch offener ist, als Aichas Familie, was wohl damit zusammenhängt, dass Mimis Eltern schon zehn Jahre länger in Belgien leben. Die Kinder machen ihre Ausbildung, studieren und gehen aus dem Haus, wie es in Europa üblich ist. Mimi hat nur eine kurze Ehe und lebt nun, mit 40 Jahren allein in ihrer Wohnung. Sie hat sich mit ihren Eltern, die zwischen Belgien und Marokko hin- und herpendeln, ausgesprochen und ihre Eltern akzeptieren das Leben ihrer Tochter, auch wenn es ihnen nicht so sehr gefällt.
Aicha hat ebenfalls studiert und lebt auch nicht mehr bei ihren Eltern. Sie ist mit einem netten Berber aus Südmarokko verheiratet und hat zwei Kinder, auch sie ist zufrieden.

Autorin:
Mina Oualdlhadj lebt seit ihrer Kindheit in Brüssel und hat einen Abschluss als Master in Literatur und Französisch. Sie arbeitete als Schulmediatorin und Koordinatorin für sozio-kulturelle Projekte. Seit 2001 ist sie im Kleinkindbereich tätig.

Fazit:
Die Autorin Mina Oualdlhadj beschreibt das Leben zweier Frauen, die in Belgien ihre Erfahrungen machen, so wie wahrscheinlich viele junge Leute, die mit zwei Kulturen aufwachsen,  den Traditionen der Eltern in ihrem Heimatland und dem modernen Leben in Europa. Es gibt positive und negative Erfahrungen und diese beschreibt die Autorin in einem lebendigen, oft heiteren Erzählstil aus der Sicht von Mimi. Unbedingt lesenswert. So aktuell wie nie zuvor.


Mina Oualdlhadj
Mimi und Aicha
Roman aus dem Französischen von Addi Wild
1. Auflage April 2009
148 Seiten, Softcover   Euro 18,00   Buch kaufen  
Donata Kinzelbach Verlag, Mainz



Rezension: Birgit Agada