Augustinus Biographie |
Rezension
KLAUS ROSEN
AUGUSTINUS - GENIE UND HEILIGER
Eine historische Biographie
Wer heute im lauschigen Biergarten ein Augustiner-Weizen
genießt, oder eines der vielen Augustinerklöster oder Augustinerkirchen
besucht, denkt schon daran, dass der Namensgeber, der heilige Augustinus, einer
der einflussreichsten Kirchenväter und Bischof von Hippo Regius, dem heutigen
Annaba in Nordalgerien war.
Aurelius Augustinus lebte von 354 bis 430 n. Chr. als
Nordafrika als Africa proconsularis zum Römischen Imperium gehörte. Die
Christenverfolgungen, die unter seinem Vorgänger Diokletian brutal
durchgesetzt wurden, hörten unter Kaiser Konstantin (313/324 n.Chr.) auf und dieser
bekannte sich immer mehr zum Monotheismus. In der Zeit stritten die
verschiedenen christlichen Gruppen wie Donatisten, Arianer und Orthodoxe
untereinander. Als Augustinus am 13. November 354 in Thagaste, dem heutigen
Souk Ahras in Ostalgerien, geboren wurde, war die katholische Kirche dabei,
sich zu etablieren und später trug er als Bischof von Hippo wesentlich dazu bei.
Seine Eltern erhofften sich für ihren Sohn eine gute
Ausbildung und so ging Augustinus nach der Schule und Ausbildung in Grammatik
und Rhetorik zum Universitätsstudium nach Karthago. Dort lernte er als junger
Mann nicht nur die Unterrichtssäle sondern auch das ungezwungene Leben der „Großstadt“
kennen. Karthago war die Hauptstadt des africanischen römischen Reiches zu dem Numidien,
die Heimat des Augustinus gehörte. Diese damals quirlige Metropole bot mit
Theatern, Bädern und anderen Vergnügen eine willkommene Abwechslung. In die
Kirchen ging Augustinus „um sich nach Mädchen umzusehen“, vom Gebet zum Einen
christlichen Gott hielt er damals nicht mehr viel, nachdem er als 7jähriger
eher schlechte Erfahrungen machte, als er Gott um Hilfe anflehte, er „möchte in
der Schule keine Schläge mehr bekommen“, diese Hilfe ausblieb und die Eltern
ihn überdies noch auslachten.
Augustinus selbst war nicht von Beginn an Christ
katholischen Glaubens, wie es seine Mutter Monnica für ihn erhofft hatte. Sie
selbst bekannte sich sehr früh zum Katholizismus, doch ihr Glück erfüllte sich
erst kurz vor ihrem Tod in Italien. Hier bekehrte sich ihr Sohn Augustinus nach
langem Zweifeln, Unsicherheit, Unwohlsein und innerer Unzufriedenheit zum
katholischen Glauben.
Vorher war er vom Manichäertum überzeugt und überzeugte
viele seiner Freunde, sehr zu seinem späteren Bedauern, als er sie wieder zum
Katholizismus bekehren wollte und dies nur teilweise vermochte.
Augustinus Sohn Adeodatus (d.h. von Gott geschenkt), den
er sehr schätzte und Alypius, sein Freund und späterer Bischof von Thagaste bekehrten
sich mit ihm 387 in der Nähe von
Mailand.
Bevor Augustinus in seine Heimat Africa zurückkehrte und
dort ab 395 als Bischof in Hippo wirkte, fanden seine Mutter, die spätere heilige
Monnica, und sein Sohn Adeodatus den Tod.
In dieser Zeit gab es viel mehr christliche Glaubensgemeinschaften
in Nordafrika, wie z.B. die Donatisten, deren Mitgliederzahlen, zeitweise die der
Katholiken überstiegen. Mit ihnen schrieb und stritt sich Augustinus um
Auslegungsfragen. Dazu kamen die Pelagonier und mit den Goten und Vandalen die arianische
Glaubensvorstellung.
Er schrieb unzählige Bücher und Briefe um Zweifler zu
mahnen und zur wahren Kirche zurückzukehren, Freunden Trost auszusprechen, Bittstellern
zu Glaubensfragen zu helfen. Er diskutierte mit seinen Bischofkollegen in
Jerusalem und Bethlehem genauso wie mit jenen in den 208 Diözesen im heutigen
Tunesien, Algerien und Libyen.
Man kann sich heute kaum vorstellen, welches
Arbeitspensum Augustinus absolvierte. Täglich, manchmal Tag und Nacht, schrieb
er an seinen Büchern, beantwortete Briefe, antwortete auf Bücher seiner Gegner
mit Kommentaren aus denen oft ebenfalls Bücher wurden. Gleichzeitig war er als
Bischof von Hippo Vorstand einer der größten katholischen Gemeinden, die neben
Karthago in Tunesien und dem heutigen Cherchell auch in Algerien die
einflussreichsten des römischen Reiches waren. Er erhielt Briefe von Päpsten
und Kaisern, gab Bibelerklärungen, gute Ratschläge für friedliche
Auseinandersetzungen anstatt Kriege.
Er legte eine umfangreiche Bibliothek seiner und anderer
Werke an, reiste zu Konzilen oder zum Kaiser nach Ravenna, um Einfluss zur Begnadigung oder
zumindest Abkehr von der Todesstrafe zu erwirken.
In seinem letzten Lebensabschnitt hatte er es mit
Veränderungen zu tun, die kriegerischer Art waren, wie 410 die Überfälle der
Goten in Rom, die er als Strafe Gottes über die römische Götterverehrung ansah.
Tausende Römer flohen nach Nordafrika.
Die Einwanderung der Vandalen und Sueben, die 429 auf
afrikanischen Boden im heutigen Marokko ankamen, erlebte er direkt mit. Seine
Bitte, Gott möge ihn zu sich holen, bevor die Vandalen nach Hippo kamen, wurde
430 erhört und so lebte der große Bischof nicht mehr als Hippo 431 und Karthago
439 eingenommen wurden.
Augustinus beeindruckendes
Erbe
Das Buch besteht aus einem Vorwort des Herausgebers über
das Interesse an Biographien und einem des Autors mit beeindruckenden Zahlen. Demnach
hielt Augustinus 8000 Predigten, von denen heute noch 559 erhalten sind. Er
hinterließ ein „Bergwerk“ von Schriften mit etwa 5,2 Millionen Wörtern, zum
Vergleich werden Platon mit 600000 und Aristoteles mit 875000 Wörtern angeführt,
die von Augustinus bei weitem übertroffen werden. Der Philosoph Karl Jaspers
meinte dazu: „Es ist, als ob Augustinus jeden Tag geschrieben hätte und nun der
Leser ein ebenso langes Leben zum Lesen wie Augustinus zum Schreiben brauche“.
Im Nachwort informiert der Autor über den heutigen Stand
der Literatur über Augustinus, die Erweiterung der Forschung und die Augustinerklöster,
von denen es Frauen- und Männerorden gibt.
Interessant ist auch, dass es heute weltweite Augustinerorden
und wissenschaftliche Augustinus-Institute gibt, die sich mit den rund 15000
mittelalterlichen Handschriften, die sich bis heute erhalten haben,
beschäftigen. Die Mönchsregeln, die der hl. Augustinus seinen Nachfolgern
auferlegte, haben über hundert Orden beeinflusst, dazu gehören unter anderen
auch die Augustiner-Barfüßer oder der Birgittinnenorden. Das Zentrum für
Augustinus-Forschung ist in Würzburg.
In 17 Kapiteln wird das Leben von der Kindheit bis zum
Tod des Kirchenvaters erzählt. Es folgen Anmerkungen, Bibliographie, Register
und eine Zeittafel.
Autor:
Professor Dr. Dr. Klaus Rosen lehrte Alte Geschichte an
den Universitäten in Pretoria, Freiburg, Eichstätt und Bonn, bevor er 2002
emeritierte. Er ist Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der
Wissenschaften und Künste.
Bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft sind von
Professor Rosen weitere Bücher erschienen: „Ammianus Marcellinus. Erträge der
Forschung“ (1982) und „Griechische Geschichte erzählt. Von den Anfängen bis 338
v. Chr.“ (2006)
Fazit:
Ein beeindruckendes Buch über einen der größten und
einflussreichsten Kirchenväter, der die katholische Kirche entschieden mitgeprägt
hat. Der Autor Professor Dr. Dr. Klaus Rosen beschreibt das Leben und Wirken
anschaulich und man erhält interessante Erkenntnisse über die katholischen Kirche
in Nordafrika und Rom, religiöse christliche Gruppen, römische
Göttervorstellungen und Manichäer, mit denen sich Augustinus auseinandersetzte.
Immer wieder kommt der Bischof selbst zu Wort, wenn aus den großen Werken
„Bekenntnisse“, „Gottesstaat“ und anderen zitiert wird und es wird klar, warum
Rosen den Untertitel „Genie und Heiliger“ beifügte.
„Nimm und Lies“ - so lautet die Bitte im Umschlagtext,
die dem heiligen Augustinus den entscheidenden Anstoß zur großen Wende seines
Lebens gab. Auch der Autor wünscht sich für seine Augustinus-Biographie dieses
Motto.