Freitag, 24. Mai 2013

Empfehlung: Allahs Töchter

Suhrkamp Verlag
NEDIM GÜRSEL

ALLAHS  TÖCHTER


„Im Paradies ging es allen Menschen gut, denn sie waren bei Gott.“

In diesem Buch geht es um drei „Kindheiten“: Die Kindheit des Autors, die Anfänge des Islam und die Entstehung der heutigen Türkei bzw. das Ende des Osmanischen Reiches.

Als Nedim, der Autor, vier oder fünf Jahre alt war, erzählte ihm seine tiefgläubige Großmutter die Geschichte von Abraham, der ins Feuer geworfen werden sollte, doch Allah rettete ihn in letzter Sekunde und ließ den Engel Gabriel nicht nur das Feuer löschen, sondern auch so viel Wasser emporschießen, dass ein Garten erblühte. Dieser Ort ist Manisa, die Stadt, „in der die Prinzen“ des Osmanischen Reiches ausgebildet wurden, die Heimat des Autors und seiner Familie.

Lat, Uzza, Manat, Allahs Töchter 
Haci Rahmani Ram aus dem türkischen Ort Hacirahmanli nordöstlich von Manisa, in der Nähe von Izmir, war der Großvater des Autors. Er erzählt seinem Enkel die Geschichte vom Leben vor der Geburt des Propheten Mohammed, als in Mekka hunderte von Göttinnen und Göttern verehrt wurden. Auf der arabischen Halbinsel lebten viele Beduinenstämme, die einmal im Jahr zur großen Messe nach Mekka kamen, um die Waren ihrer Handelskarawanen zu tauschen. Sie kamen aus Süden und Norden. Während dieser Handelsmesse besuchten sie den schwarzen Stein Abrahams in der Kaaba, die Quelle Zemzem und opferten ihren Göttinnen und Göttern. 
Jeder Stamm verehrte seine Gottheit, wir würden vielleicht Schutzpatron sagen, darunter die drei Göttinnen Lat, die Schutzpatronin der fruchtbaren Oase Taif, der „Jade, Rubin, Silber und Gold“ geopfert wurde, die aber eines Tages nach Mekka zur Kaaba, in „das Haus Allahs“, gebrachte und mit Hubal, dem Stadtgott der Araber vermählt wurde, Uzza, eine Holzstatue aus Mekka, die zum Muharram verehrt wird, dem Monat, in dem kein Krieg geführt werden durfte und die Beduinen auf ihren Kamelen zum Jahrmarkt nach Mekka kamen und Manat, „ein Felsstück aus Kudeyd inmitten der Berge“, das zu einem Frauenkörper geschliffen und poliert und bis zur Ekstase verehrt wurde.
Dann kam Mohammed zur Welt und der Großvater Haci Rahmi erzählt die Lebensgeschichte des Propheten und die Geburt und Kindheit des Islam, der die Göttinnen mehr und mehr verdrängte.

Beginn der Türkei 
Großvater Haci Rahmi Bey studierte in Istanbul und erlebte als Anwalt die Entstehung des neuen Staates Türkei, der 1922 aus dem Osmanischen Reich hervorging. Als junger Mann musste er im 1.Weltkrieg nach Ägypten marschieren und dann die heilige Stadt Medina schützen, wo er seinen linken Arm verlor. Vor wem eigentlich? fragte er sich, da nun Muslime gegen Muslime kämpften. Aber hinter den arabischen Stämmen steckten die Engländer, unter ihnen „Lawrence von Arabien“, der mit seinen Gruppen die Hedjazbahn (Bagdad-Bahn) attackierte, die den Nachschub an Lebensmitteln und Waffen nach Medina und Mekka lieferte. Als er nach Manisa zurückkehrte, wurde er Gaci, Veteran, aber die Großmutter sah in ihm einen Hadji, einen Mekka-Pilger, obwohl er nur bis Medina kam.
                                                                                                                             
Nedims Freund Ismail, Sohn des Bäckers Ibrahim Efendi, kam mit seinen Eltern als Flüchtlingskind nach dem zweiten Weltkrieg aus dem Balkan. Nachdem sich dort der Kommunismus ausbreitete, flüchtete die türkischstämmige Bevölkerung in die Türkei.
Auch die Familie der gläubigen Großmutter stammte aus dem Balkan, aus Skopje, und in ihrer Familie gab es Derwische und Märtyrer.  

Als Nedim klein war und die Großeltern aus dem Koran vorlasen, verstand er noch nicht alles, denn die Großeltern lasen auf Arabisch, während er nur türkisch lernte, aber der Klang der Sprache verzauberte ihn. Und der Großvater wollte seinen Enkel keine Angst machen und erzählte die schönen Seiten des Islam.  
Nach dem Tod des Vaters durch einen Unfall zog die Mutter nach Frankreich. Sie war Lehrerin und später studierte auch Nedim in Paris. Sehr viel später studierte Nedim den Nachlass seines Großvaters, der besser arabisch als türkisch sprach, den er nur mit Hilfe eines Übersetzers entziffern konnte. Im Osmanischen Reich wurde türkisch mit arabischen Worten vermischt gesprochen, aber Atatürk setzte die lateinische gegen die arabische Schrift durch und die türkische Sprache wurde von der arabischen „gereinigt“.


Fazit:
Nedim Gürsel beschreibt die Geschichte des Islam mit sehr schönen Worten. Bilder und Legenden werden ausgeschmückt, wie bei uns die Religion in Kinderbüchern nur vom „lieben Gott“ spricht, im Gegensatz zur tatsächlichen Geschichte. Der Großvater, Haci Rahmi Bey, richtet sie an seinen Enkel, den Autor, der wiederum in seiner Erzählweise der Du-Form einen imaginären Zuhörer bzw. den Leser anspricht. Das Beispiel des tiefgläubigen Abraham zieht sich durch das ganze Buch bis zum Schicksal des Bäckers Ibrahim Efendi und dem großen Hammelopferfest und machte dem kleinen Nedim in gewisser Weise Angst. Immer wieder werden Beispiele beschrieben, die auf diesen Ritus zurückzuführen sind. Oft wird der Koran zitiert.
Das Buch ist insgesamt sehr interessant geschrieben und gut zu lesen. Vor allem die Informationen zur Entstehung der heutigen Türkei sind durch die Erlebnisse des Großvaters gut beschrieben. Die Koranzitate und viele Zusammenhänge der türkischen Geschichte werden nochmals am Ende des Buches erklärt.
Warum der Autor in der Türkei wegen dieses Romans der Blasphemie beschuldigt und angeklagt wurde, ist nicht nachvollziehbar.

Autor:
Nedim Gürsel (62) lebt in Paris. Er wurde in Gaziantep, in der Türkei geboren, besuchte das Elitegymnasium Galatasaray in Istanbul und studierte in Paris moderne französische Literatur. Heute lehrt er an der Sorbonne türkische Literatur. Schon 1969 schrieb Gürsel in Literaturzeitschriften. Seine Romane wurden in 12 Sprachen veröffentlicht. Er zählt zu den wichtigsten türkischen Schriftstellern. Auf Deutsch erschienen seine Romane: Der Eroberer 2000, Turbane in Venedig 2002, Sieben Derwische 2008.

Aus dem Türkischen übersetzt von Barbara Yurtdas.

Nedim Gürsel
Allahs Töchter
Hardcover mit Umschlag, grüner Leineneinband
346 Seiten
1.Auflage 2012
Preis: Euro 24,95  Buch kaufen
Suhrkamp Verlag, Berlin

Mittwoch, 22. Mai 2013

Empfehlung: Unterwegs am Nil

Iatros Verlag
KARL  PLEPELITS

UNTERWEGS  AM  NIL 
Eine Reise durch Ägypten im arabischen Frühling

Ein erzählendes Sachbuch zur Reise.

Im Oktober des Jahres 2011 reist eine kleine österreichische Reisegruppe durch Ägypten. Reiseleiter Salam, Fahrer Mahmud und der Autor, der selbst als Reiseleiter einer österreichischen Reiseagentur unterwegs ist, begleiten die zehntägige Tour am Nil.

Die Reise beginnt in Kairo mit dem üblichen Besichtigungsprogramm: Ägyptisches Museum, Pyramiden, Moscheen, Souks und neu dazu kommt der Tahrir-Platz.
Weiter geht es zu den bekannten und wichtigen Orten einer Ägyptenreise nach Sakkara, Memphis, Tell el-Amarna, Assiut, in die Oase Faiyum, Theben, Abydos, Luxor, Tal der Könige, Tempel der Hatschepsut, Edfu, Assuan, Abu Simbel und zurück per Bahn nach el-Kahira, die Siegreiche.

Neben den Erzählungen zu den Sehenswürdigkeiten, wird in diesem Buch auch einiges angesprochen, das jetzt wieder an Brisanz gewinnt, wie zum Beispiel die Geschichte der Kopten in Ägypten, die neue Zurschaustellung der religiösen Symbole wie Frauen mit Tschador oder Burka, die es früher in Nordafrika gar nicht gab, sondern nur das einfache Kopftuch, und der Prophetenbart der Männer.

Auch Themen wie neue Entdeckungen, griechische Einflüsse der Ptolemäer-Zeit, römische Wasserleitungen, spezielle Gräbertypen, erste christliche Klöster des 3. Jahrhunderts (St. Antonius) und sogar das Klima (Chamsin, Smogwolke über Kairo) werden angesprochen und interessant erklärt.
  
Mit Begeisterung werden die neuesten Änderungen in Libyen, Tunesien und Ägypten kommentiert. Auch einige Zeit später ist es interessant zu lesen, welche Pläne und auch Illusionen im Land kursieren, ebenso Befürchtungen, die tatsächlich eingetroffen sind, wie z.B. der Wahlsieg der Islamisten.
                                                                

Fazit:                                                                   
Die Reisegruppe, und somit auch der Leser, erfährt viel Aktuelles, Antikes und Amüsantes über Ägypten nach der Revolution. Auf unterhaltsame Weise wird die Geschichte Ägyptens auf leichte Art vermittelt. Das Buch sollte auf keiner Ägyptenreise fehlen, die entlang des Nil und durch die ägyptische Wüste führt.

Autor:
Der österreichische Lehrer, literarische Übersetzer und Autor Karl Plepelits bringt seine Begeisterung für Ägypten sehr gut zum Ausdruck. Weitere Reiseromane von Karl Plepelits sind im IATROS-Verlag erschienen: Unterwegs in Ägypten, 2009, Unterwegs in Libyen, 2010 und Unterwegs in Marokko, 2012.


Karl Plepelits
Unterwegs am Nil
1.Auflage, 2012
120 Seiten - Paperback, Softcover
Preis: Euro 12,00   Buch kaufen
IATROS - Verlag & Service Gmbh, Potsdam





Freitag, 17. Mai 2013

Empfehlung: Stern über Afrika

Horlemann Verlag
IRIS  LEMANCZYK  &  TiNO

STERN  ÜBER  AFRIKA    -   Empfehlung  -


In der Altstadt von Fès, der ältesten Königsstadt Marokkos, besuchen jedes Jahr viele Touristen aus aller Welt die Sehenswürdigkeiten und Souks (Märkte). So auch Juli und Francois, zwei junge Franzosen aus Paris. Fremde sollten auf jeden Fall mit einem seriösen Führer die Stadt besuchen. Denn die Gassen und Gässchen sind in Fès sehr verwinkelt und unübersichtlich.

Mahmud und Rachid spielen gern Fußball und ausgerechnet heute hat Herr Ragazin den Ball nicht mehr zurückgegeben, der leider wieder in seinem Garten gelandet ist. Für die beiden ist nämlich der Eingang zum Grundstück die Begrenzung für ihr Tor. Nun beratschlagen Mahmud und Rachid, wie sie an Geld für einen neuen Fußball kommen und haben die Idee, sich als Stadtführer ein bisschen was zu verdienen. 
Da kommen Juli und Francois an den Platz der Kairaouin-Moschee, wo Mahmud sie anspricht. Francois ist skeptisch und zurückhaltend und brachte seine Vorbehalte gegenüber fremden Menschen mit ins Land. Schroff lehnte er das Angebot von Mahmud ab und seine Freundin Juli konnte ihn auch nicht umstimmen. Lieber ziehen sie allein los. Mahmud schaut ihnen etwas ratlos hinterher, wie konnten Ausländer seine Stadt besser kennen als er, denkt er gerade und geht ein paar Schritte, als er einen Gegenstand auf dem Boden liegen sieht. Es ist ein Geldbeutel mit einigen Dirham, Euro und Papieren. Es ist der Ausweis von dem mürrischen Mann von eben. Soll Mahmud das Geld behalten, das er gerade so gut brauchen konnte?

Lehrerin in der Sahara
Im Norden von Mali, dem Gebiet Azaouad der Tuareg, wohnt Aisha mit ihrer Familie. Sie sind Nomaden und ihr Bruder Tarek und ihr Vater begleiten die Salzkarawanen zwischen Taoudenni und Timbuktu. Tarek konnte ein bisschen lesen und Aisha war sehr neugierig und wollte immer mehr Geschichten hören und auch selbst lesen, schreiben und rechnen lernen. Wie es ihr erging und wieso sie Juli und Francois als Lehrerin begegnete, erzählt sie in der nächsten Geschichte.

Abenteuer auf dem Sambesi
Auf dem Sambesifluss zwischen Zimbabwe und Sambia wartet auf Salo und Nango ein Abenteuer zwischen Krokodilen, Flusspferden, Elefanten und Antilopen. Salo ist gerade zum Bootsführer ausgebildet worden und geht mit Nango auf eine „Testfahrt“. Auf einer Sandbank, die krokodilfrei ist, schlagen sie ihr Zelt auf, doch nein, das Zelt hat Salo vergessen. Nun müssen sie im Freien schlafen. Nango ist zu müde, um sich über Flusspferde und andere nachtaktive Tiere Gedanken zu machen, als ihn Salo plötzlich aufweckt. Was ist passiert?

Hasenjagd in Namibia
Michael erzählt eine Geschichte über eine Hasenjagd, bei der er Mut bewies, aber nicht so, wie man im ersten Moment glauben könnte. Seine Eltern gehören zu den deutschstämmigen Namibianern, die Farmen bewirtschafteten. Michael und sein älterer Bruder Johannes sind in Namibia geboren und haben deshalb deutsche Vornamen.

Kindersoldaten in Not
Akim erzählt eine gefährliche Geschichte. Er, sein kleiner Bruder und weitere Kinder aus seinem Dorf wurden verschleppt und zu Kindersoldaten ausgebildet, um den Anführer einer Bande, Papa Taylor Amin zum Präsidenten des Landes zu machen. Als ein Junge vom Lager fliehen wollte, wurde ihm ein schwarzer Skorpion zum Verhängnis. Akim konnte in der Nacht nicht in der stickigen Hütte schlafen und so schlichen sich er und sein kleiner Bruder Malik hinaus und legten sich hinter einen dicken Baumstamm. Am nächsten Morgen waren sie allein und das Lager verlassen. Was nun? Würde man sie suchen, wenn ihr Fehlen bemerkt wurde oder konnten sie weglaufen und ihre Eltern suchen? Da hörten sie, wie sich ein Auto schnell näher...

Kenias schnelle Läufer
Serah lebt in Kenia und ihren langen Schulweg legt sie immer laufend zurück, damit sie rechtzeitig zum Unterricht kommt, aber meistens klappt es nicht und die Lehrerin schimpft jedes Mal. Denn immer kommt etwas dazwischen. Beim Wasserholen stolpert sie und das Wasser im schweren Eimer schwappt über. Serah wird ganz nass und muss noch einmal zum Fluss rennen, um den Eimer aufzufüllen. Ihre beiden kleinen Geschwister müssen versorgt werden und zur Mutter aufs Feld gebracht werden. Dies und noch mehr erledigt sie vor dem Schulweg. Doch eines Tages hat sich Frau Odeke vom Schulamt angekündigt und Serah steht extra noch früher auf, es war fast noch Nacht, um pünktlich in der Schule zu sein, doch wieder kam etwas dazwischen. Als Frau Odeke Serah so schnell auf den Schulhof rennen sah, fragte sie wie weit denn der Schulweg sei, und spontan organisierte sie einen Wettlauf. Aus Kenia und Tanzania kommen heute die weltbesten Langstreckenläufer. Wer hat das Rennen wohl gewonnen?

Autoren:
Iris Lemanczyk wurde 1964 in Kirchheim/Teck bei Stuttgart geboren. Sie studierte Germanistik und Geographie, reiste sie um die Welt und schnupperte eine Zeitlang Zirkusluft. Sie arbeite als Zeitungs-Redakteurin in Namibia, reiste nach Australien, Neuseeland und Kenia. Seit 1997 arbeitet sie als Autorin und freie Journalistin.  

TiNO ist 1962 in Augsburg geboren und lebt heute in Karlsruhe. Er absolvierte eine Ausbildung zum Frühpädagogen und studierte Sozialpädagogik. Seine Kinderbücher wurden bislang in zehn Sprachen übersetzt. TiNO arbeitet als Kinderbuchautor und -illustrator, schreibt Beiträge für den Rundfunk (SWR, HR u.a.) und Geschichten für die KIKA-Figur »Siebenstein«. Für seine Arbeiten wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet.

Fazit:
Das schöne Ende und noch mehr wird im neuen Buch „Stern über Afrika“ von Iris Lemanczyk und Tino erzählt. Ein Buch, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Einblick in das heutige Leben der Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Ländern Afrikas wie Marokko, Mali, Kenia, Namibia und anderen gibt.
Rührend, aufregend, abenteuerlich, auf jeden Fall lesenswert und sehr zu empfehlen. Als Ferienlektüre hat das spannende Buch in jedem Rucksack Platz.


Iris Lemanczyk, TiNO
Stern über Afrika      ab 12 Jahre
Hardcover, 112 Seiten
1.Auflage 2013      erscheint am 20.05.2013
Preis: Euro 12,90   Buch bestellen       
Horlemann Verlag, Berlin