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Freitag, 5. August 2016

Buchempfehlung: Der letzte Granatapfel

Bachtyar Ali

BACHTYAR  ALI

DER  LETZTE  GRANATAPFEL -  Roman

»Zwanzig Jahre lebte der Bildmagier aus Kurdistan unentdeckt in Deutschland. Nun legt der Unionsverlag seine bildmächtige Parabel über die Unterdrückung und den Bruderzwist der irakischen Kurden auf Deutsch vor.« Neue Zürcher Zeitung

Dieser Roman von scharfer Aktualität und berückender Poesie erzählt von verwunschenen Schlössern, von Bienenschwärmen und Honigsammlern, von Kindern auf Schlachtfeldern, von den weißen Schwestern, die mit ihren Liedern den Bazar verzaubern, von Freiheitskämpfern, die zu Fürsten werden, von Seelen in schwarzer Trauer – und von einem Jungen mit Namen Glasherz, der von einer Welt träumt, in der alles durchsichtig und rein ist.

An Bord eines Bootes, das ihn zusammen mit anderen Flüchtlingen in den Westen bringen soll, erzählt Muzafari Subhdam seine Geschichte. Selbst ein hochrangiger Peschmerga, rettete er dem legendären kurdischen Revolutionsführer einst das Leben, als sie von Truppen des Regimes umstellt waren. Er aber geriet in 21-jährige Gefangenschaft, mitten in der Wüste.

Sein ehemaliger Anführer Jakobi Snauber steht tief in seiner Schuld. Mithilfe eines Gefangenenaustauschs lässt er seinen Freund aus der Gefangenschaft zurückholen. Er bringt ihn in sein Schloss, weitab der zerstörten kurdischen Regionen und des gebeutelten Volkes. Muzafari Subhdam soll nichts erfahren von den Verwüstungen, die der Diktator und auch die zwei kurdischen Großparteien angerichtet haben, von Flucht und Tod so vieler Menschen.

Doch Muzafari Subhdam begibt sich auf eine Reise durch das, was aus seinem Land geworden ist. Eine Reise durch Geschichten, Geheimnisse und zu Personen, die ihm dabei helfen, seinen verschollenen Sohn zu finden. Eine Reise, die ihn schließlich auf den Weg führt, den Tausende schon vor ihm genommen haben: übers Mittelmeer in den Westen.


Autor:
Bachtyar Ali ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Schriftsteller und Poeten des autonomen irakischen Kurdistan. Er wurde 1966 in Sulaimaniya (Nordirak) geboren. 1983 geriet er durch sein Engagement in den Studentenprotesten in Konflikt mit der Diktatur Saddam Husseins. Er brach sein Geologiestudium ab, um sich der Poesie zu widmen. Sein erster Gedichtband Gunah w Karnaval (Sünde und Karneval) erschien 1992.

Nach dem Aufstand von 1991 und der damit verbundenen teilweisen Autonomie boten sich den Schriftstellern und Intellektuellen in den kurdischen Gebieten bisher ungekannte Artikulationsmöglichkeiten. Bachtyar Ali intensivierte seine eigene schriftstellerische Tätigkeit und widmete sich gleichzeitig der philosophischen Zeitschrift Azadi (Freiheit). Sein Werk umfasst Romane, Gedichte und Essays. In Kurdistan gewann er großes Ansehen durch seine unparteiische Haltung und seine offene Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen in seiner Heimat.

2005 kürte das Bildungsministerium des autonomen irakischen Kurdistan den Roman „Die Stadt der weißen Musiker“ zum besten Buch des Jahres. 2009 erhielt er als Erster den HARDI-Literaturpreis, der zum größten Kulturfestival im kurdischen Teil des Irak gehört. 2014 wurde er mit dem neu eingerichteten Sherko Bekas-Literaturpreis ausgezeichnet. Er lebt seit Mitte der Neunzigerjahre in Deutschland.

Aus dem Kurdischen (Sorani) von Ute Cantera-Lang und Rawezh Salim

Bachtyar Ali
Der letzte Granatapfel
352 Seiten
Hardcover, gebunden
1.Auflage 2016
Euro 22,- inkl. MwSt.  Buch kaufen


Termine mit Bachtyar Ali:
19.10.2016
Buchmesse Frankfurt

08.11.2016 Hamm  20:00 Uhr
Lesung und Gespräch
Moderation: Yilmaz Holtz-Ersahin
Lesung aus der deutschen Buchausgabe: Heinz Bäumer.
Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt.

Schloss Ermelingshof
Geinegge 38, 59075 Hamm  

17.11.2016 München  19:00 Uhr
Lesung und Gespräch
Moderation: Cornelia Zetzsche vom Bayerischen Rundfunk.
Lesung aus der deutschen Ausgabe: Gert Heidenreich

Gasteig/Carl-Orff-Saal
Rosenheimer Straße 5, 81667 München  

21.11.2016 Heidelberg
Lesung und Gespräch
Moderation: Dr. Gerwig Epkes, SWR  

DAI
Sophienstrasse 12, 69115 Heidelberg

17.03.2017 Frankfurt 19:30 Uhr
Lesung und Gespräch
Moderation und Lesung aus der deutschen Ausgabe: Ulrich Sonnenberg

Stadtteilbibliothek Rödelheim
Radilostrasse 17-19, 60489 Frankfurt/Main  


Samstag, 14. März 2015

Rezension: Die Stunde der Kurden

Styria Premiuim
Rezension

HANS  JOACHIM  LÖWER


DIE  STUNDE  DER  KURDEN  Wie sie den Nahen Osten verändern                    

 Die Stunde der Kurden, endlich ist sie gekommen. Nach einhundert Jahren Kampf und Unterdrückung haben die Kurden nun die Chance einen neuen Staat Kurdistan aufzubauen und sie tun alles dafür. Der Autor, Hans-Joachim Löwer, bereiste die autonome Region Kurdistan und sein Bericht beeindruckt. In 20 Kapiteln lässt er Frauen und Männer zu Wort kommen, die an einen unabhängigen Staat Kurdistan glauben und den Worten Taten folgen lassen.

Traum vieler Kurden

In der Geschichte von Türken, Persern und Arabern unterdrückt, flohen die Kurden in ihre Bergregionen, wo sie bedroht, vertrieben und vergast wurden. Ihre Region wurde von Großbritannien in der Türkei, Iran und Irak aufgeteilt,  ohne Rücksicht auf die Unabhängigkeitsforderungen der Kurden. Nun, nach fast 100 Jahren des Kampfes, gibt es gute Chancen für einen demokratischen Staat Kurdistan, in dem Kurden, Araber und Turkomanen ungehindert zusammen leben können. Das ist der Traum vieler, der wohl wahr werden kann. Diesen Eindruck vermittelt der Autor in seinem Buch mit Beschreibungen der Städte Erbil, Sulaimania, Halabdscha, den Bergregionen der Peschmerga und Interviews mit den Einwohnern.

Mutige Kurden

Darunter ist ein Mann, der Minen entschärft. Er hat fast 2,4 Millionen Minen ausgegraben und bei Unfällen beide Beine verloren, trotzdem macht er unverdrossen weiter.
Eine Spionin fing Gespräche des Sicherheitsdienstes und Verteidigungsministeriums ab und versorgte die Leute vom Widerstand gegen den Irak Sadam Husseins mit Medikamenten für Kranke und Verletzte. Heute ist sie Beauftragte für Frauenfragen, lokale Parteivorsitzende, Bürgermeisterin von Koya und seit 2010 Generaldirektorin einer Abteilung im Innenministerium, die sich mit Gewalt gegen Frauen, wie Misshandlungen, Ehrenmorde, Selbstverbrennungen befasst.
Peschmerga verteidigen ihr Land gegen die Terroristen des Islamischen Staates IS.
Islamische Theologen diskutieren während ihrer Ausbildung zu Imamen. Der Autor staunt über Sätze wie: „Man darf den Glauben eines anderen nicht mit Gewalt ändern….“. “Das kommt…von Unwissen und einem schmutzigen Milieu.“ Und „Wir haben halt das Pech, das wir Muslime geworden sind“, begleitet von einem kräftigen Lachen (S. 108)

Im Gefängnis wird gearbeitet

Peschmerga-Truppen verteidigen Berge, Ölfelder, Grenzen und vor allem ihr Land gegen den IS. Der Irak zerfällt in Regionen mit Kurden, Sunniten, Schiiten und Minderheiten wie Jesiden und Christen. Die Kurden haben ihre Chance auf einen eigenen Staat vor 20 Jahren ergriffen und bauen Schulen, Universitäten, Ölpipelines und Hotels.  Sogar das Gefängnis von Fort Suseh trägt zum Aufbau bei, denn die Häftlinge - Räuber, Mörder, Kidnapper, Bombenleger, Terroristen und ehemalige irakische Minister - arbeiten als Schweißer, Elektriker, Schreiner, Gärtner sogar als Imker. Dem Autor kommt der Besuch im Gefängnis wie eine Show vor, aber es ist Realität, denn bewaffnete Wachleute begleiten ihn und „haben ihre Augen überall.“ Freigelassene arbeiten als Friseure oder Restaurantbesitzer.

Giftgas sollte Kurden vernichten

Während seiner einmonatigen Reise beschreibt Hans-Joachim Löwer das Land wie es kaum in den Medien Erwähnung findet, nämlich positiv, mit Menschen, die ehrlich an ein Kurdistan glauben, das seit mehr als 20 Jahren eine autonome Region ist. 1991 ließen die USA eine Flugverbotszone einrichten, „um die Kurden vor Angriffen der Streitkräfte des Diktators Sadam Hussein zu schützen“, der Giftgas einsetzte, um die Kurden zu vernichten.

„Wir sind auf dem richtigen Weg“

Doch sie sind noch da und entschlossener als je zuvor, was Zitate, wie diese unterstreichen: „Unser Nationalismus war immer defensiv.“ (S. 15) „Wir haben nie andere Völker angegriffen, sondern immer nur uns selbst verteidigt. Aber wir lassen nicht zu, dass man uns unsere Rechte nimmt.“ „Wir sind anders als Araber…“ (S. 23) „Die Freiheit hat ihren Preis“ (S. 47) „Wir werden eine offene Gesellschaft… Wir sind auf dem richtigen Weg.“ (S.73) „In Kurdistan ist jeder willkommen, nur die nicht, die Gewalt predigen“ (S. 121).

Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass die Kurden in ihrem berechtigten Bestreben Unterstützung auch aus dem Westen erhalten. Sie selbst überwinden ihre Differenzen nun in einem Parlament und nicht mehr auf dem Schlachtfeld.


Autor:
Hans-Joachim Löwer, geb. 1948, ist Autor zahlreicher Bücher. Er war 16 Jahre Auslandsreporter des Stern und ein Jahr Redakteur für die deutschsprachige Ausgabe des National Geographic Magazins. Seine Reisen führten ihn in den Nahen Osten, nach Asien, Afrika und Lateinamerika, wo er in den 1990er Jahren Selbsthilfegruppen leitete. Rucksacktouren führten ihn 2003 nach Israel und Palästina.

Fazit:
Dieses Buch überrascht und beeindruckt. Es ist sehr gut geschrieben. Unterschiedlichste Menschen kommen zu Wort, Bilder bereichern die Berichte. Neue und unbekannte Informationen aus dem Nahen Osten, der in den Medien nur als Kriegsschauplatz dargestellt wird.
„Kurdistan ist anders“, hört der Autor immer wieder und sein Buch vermittelt ein positives Bild von einer Region, deren Menschen so viel Leid ertragen mussten.
Unbedingt lesenswert und allen empfohlen, die sich für mehr als nur Schlagzeilen interessieren.
Kompliment an Hans-Joachim Löwer für diesen couragierten Bericht.  


Hans-Joachim Löwer
Die Stunde der Kurden
Hardcover mit Schutzumschlag
Format 13,5 x 21,5 cm
208 Seiten
1.Auflage Februar 2015
Euro 24,99  Buch kaufen