Donnerstag, 7. Juni 2018

Rezension: Der Erzähler von Algier

Papermoon
Rezension


Naceur-Charles Avecal

Der Erzähler von Algier      

Algerier habe ich bisher als freundlich zurückhaltende Männer, eher vornehm reserviert kennen gelernt, manchmal sogar wortkarg. Dann habe ich vor einiger Zeit einen Zeitungsartikel über einen algerischen Märchenerzähler gelesen und nun hat er bereits zwei Bücher herausgegeben, das neueste ist „Der Erzähler von Algier“ - Naceur-Charles Aceval.

27 Erzählungen und Märchen aus dem nordafrikanischen Maghreb (Tunesien, Algerien, Marokko) und Afrika, manche sehr kurz, andere einige Seiten lang, sind in diesem, knapp einhundert Seiten starken Band gesammelt. Anstelle eines Vorworts erzählt Herr Aceval über die Art und Weise, wie er sich vorbereitet, wie er Märchen für sich auswählt bzw. sie zu ihm kommen und er sich zuerst die Geschichten selbst erzählt, bevor er sie dem Publikum präsentiert.

Am Ende des Buches beschreibt sein Sohn, Hakim Aceval, den Lebensweg seines Vaters in Europa, der sich vom Gastarbeiter aus Algerien zum Koch, Philosophen und dann zum Märchenerzähler gewandelt hat.

Sagen und Legenden gibt es überall auf der Welt und so ähneln manche den deutschen Volksmärchen oder den Erzählungen von Tausend und einer Nacht, dann gibt es natürlich die eigenen Märchen aus Algerien.

Die Akteure im ersten wie im zweiten Buch sind neben Prinzessinnen, Prinzen, Sultane und Wesire, auch Nomaden, schlaue Bauerstöchter, Schneider, Zauberlehrlinge, Fischer, Sternenfrauen und Philosophen. Sie sind auf der Suche nach Weisheit, Reichtum, Glück und Wohlergehen.  
Löwen, Schmetterlinge, Eulen und Äpfel geben dem Schicksal seinen Lauf.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass der Verfasser den Leser direkt anspricht und ihn auffordert, die Geschichten weiter zu erzählen, so, wie es bei den Erzählabenden* ist, die man auch mit einem leckeren Essen buchen kann.

Im ersten Buch „Der Mann, der nicht sterben wollte“ werden vierzehn Erzählungen vorgestellt und die Geschichte des Mannes, der nicht sterben wollte, stellt die Rahmenhandlung dar, ganz nach der Vorlage der Erzählungen von Tausend und einer Nacht. Der Mann ist unterwegs und sucht einen Ort ohne Friedhof, weil er Angst vor dem Sterben hat. Als er glaubt am Ende seiner Reise angekommen zu sein, erlebt er eine unangenehme Überraschung.

Autor:
Naceur-Charles Aceval wurde 1951 in der Region Tiaret im Nordwesten Algeriens geboren. 1974 kam er über Frankreich nach Deutschland und lebt hier mit seiner Familie. Durch seine Erzählabende und seine Bücher versucht Aceval eine „Brücke zwischen dem Maghreb und Europa zu bauen“ (Verlag).

Fazit:
Sehr gut zu lesende Bücher, amüsant, lehrreich und vergnüglich. Märchen verbinden die Kulturen und so kommen einem etliche bekannt vor.
Auch der vielseitige Lebensweg des Vaters ist vom Sohn im neuen Buch interessant beschrieben. Beide Bücher sind empfehlenswert für aufgeschlossene Leser internationaler Märchen und Geschichten.


*Die Erzählabende, die auch für Kinder angeboten werden, dauern etwa eine Stunde und können durch Couscous oder Tajine ergänzt werden.