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BEAT STAUFFER
MAGHREB, MIGRATION und MITTELMEER
EINE SCHICKSALSFRAGE FÜR EUROPA UND NORDAFRIKA
Lösungsansätze zur Steuerung der Migration aus dem
Maghreb
Die fünf Maghrebstaaten bilden eine Art doppelten
Schutzwall für Europa: in der Sahara und an der Küste des Mittelmeers. Sie
verhindern zum einen die massenhafte Auswanderung ihrer eigenen Bürger nach
Europa, zum anderen blockieren sie die Migration aus südlicher gelegenen
Ländern. In seinem Buch analysiert der Maghreb-Kenner Beat Stauffer das
komplexe Phänomen der irregulären Migration aus dem und via den Maghreb. Er
gibt Menschen auf der Flucht eine Stimme und stellt in Reportagen die
Schauplätze der irregulären Migration vor.
«Der Rumpf des alten Fischerboots ächzte, die Seitenwand
barst und ein Wasserschwall drang ein. Aziz erinnert sich an die Schreie der
Mitreisenden, die ins Meer geschleudert wurden und innerhalb von kürzester Zeit
ertranken. Keiner trug eine Schwimmweste, kaum einer konnte schwimmen.» Mohammed Aziz Khlifi überlebte als
einer von Wenigen einen Zusammenstoß mit einer Fregatte der tunesischen
Küstenwache. Nach der Kollision drehte das Schiff ohne Hilfe zu leisten ab.
«Erst mehrere Stunden später, so erzählt Aziz, kehrte die Fregatte an den Ort
zurück und den Schiffbrüchigen wurden Rettungsringe zugeworfen.»
Mohammed Aziz Khlifi ist einer von rund einem Dutzend
Migranten, die im Buch von Beat Stauffer eine Stimme erhalten. Einigen ist es
gelungen, europäischen Boden zu erreichen, andere sind gescheitert und wieder
andere möchten in naher Zukunft aufbrechen.
Nach gescheiterter
Arabellion: In den Dschihad oder nach Europa?
Beat Stauffer stellt das komplexe Thema in einen größeren
Zusammenhang und blickt zu Beginn seines Buchs auf die letzten sechs Jahrzehnte
zurück: «Während die europäische Wirtschaft noch bis in die 1980er-Jahre
Arbeitskräfte aus dem Maghreb aktiv rekrutierte, wurde die legale Emigration
spätestens seit der Unterzeichnung des Schengener Abkommens Anfang der
1990er-Jahre unmöglich gemacht. In der Folge emigrierten Hunderttausende junger
Maghrebiner auf irreguläre Weise nach Europa.»
Für kurze Zeit ließ die ‹Arabellion› die Hoffnung auf
bessere Verhältnisse in den Maghrebstaaten aufkeimen. Doch die demokratische
Erneuerung blieb aus und der Druck nahm noch mehr zu. «Dass ein Teil der
klandestinen Migranten aus Tunesien bis vor Kurzem nur noch die Wahl zwischen
zwei Optionen zu erkennen vermochte, nämlich zwischen der Ausreise in den
Dschihad oder der irregulären Emigration nach Europa, macht die Lage für die europäischen
Länder deutlich schwieriger.» Wenn sich junge Maghrebiner desillusioniert von
Europa ab- und sich autoritär regierten Staaten zuwenden, werden sie nicht mit
Sehnsucht auf das liberale Europa blicken, sondern mit tiefer Abneigung.
Im Dilemma zwischen
Mitleidskultur und Verantwortungsethik
Europa sollte den jungen Menschen in den Maghrebstaaten
deshalb «neue Fenster öffnen und legale Formen der Migration zulassen.»
Stauffer meint damit beispielsweise Visa für Studienzwecke oder Kontingente
für Arbeitsmigranten. Er fordert zudem, «Formen der zirkulären Migration
voranzutreiben, bei der die Betroffenen ein paar Jahre in Europa verbringen
können, dann aber in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen.» Ein wichtiger
Faktor ist Stauffers Auffassung nach ein stärkeres wirtschaftliches Engagement
im Maghreb. Europa sollte ein vitales Interesse an guten Beziehungen zu den
Maghrebstaaten haben, den «direkten Nachbarn im Süden».
Beat Stauffer stellt in seinem Buch individuelle
menschliche Aspekte anhand der eingangs erwähnten Porträts und in Reportagen
von mehreren «Schauplätzen der irregulären Emigration dar; Orte, die der Autor
alle persönlich und zum Teil mehrfach besucht hat.» Stauffer hat den Ehrgeiz,
«nahe an das Thema heranzugehen und auch die Schwierigkeiten und Dilemmata,
denen sich ein europäischer Autor dabei aussetzt, zu thematisieren», schreibt
er im einleitenden Kapitel Aktualität und Brisanz des Themas. Rudolf Strahm
präzisiert im Vorwort: «Viele Zeitgenossen sind angesichts der Asylströme hin-
und hergerissen zwischen Humanität und Realität. Sie stecken unerlöst im
Dilemma zwischen gelebter Mitleidskultur (Gesinnungsethik) und der Einsicht in
die langfristigen Folgewirkungen für die Gesellschaft (Verantwortungsethik).»
Lösungsansätze zur
Regulierung der Migration aus dem Maghreb
Die Migration aus Nordafrika stellt Europa und die
Maghrebstaaten vor riesige Herausforderungen. «Dieses Buch möchte auch
Lösungsansätze präsentieren», schreibt Stauffer und räumt ein, dass er sich ein
ambitioniertes Ziel gesetzt hat. Seiner Ansicht nach ist es «offensichtlich,
dass die bisherige Migrations- und Asylpolitik dem Maghreb gegenüber in eine
Sackgasse geraten ist. Neue Ansätze müssen her, die sowohl die Bedürfnisse und
Interessen Europas als auch diejenigen des Maghreb berücksichtigen. Es braucht,
mit einem Schlagwort, Migrationspartnerschaften, die diesen Namen verdienen.»
Sollte es Europa nicht schaffen, ein neues Verhältnis zu
seinen Nachbarn am Südrand des Mittelmeers zu finden, befürchtet Stauffer lang
anhaltende Konflikte. «In diesem Sinn ist die Regelung der Migrationsbewegungen
im Mittelmeerraum eine Schicksalsfrage für Europa.»
Der Autor
Beat Stauffer
(*1953) arbeitet seit 1988 als freischaffender Journalist für verschiedene
Medien (u.a. NZZ, Radio SRF), als Buchautor sowie als Referent und Leiter von
Kursen und von Studienreisen in den Maghreb. Er schrieb ein Buch über Tunesien,
lebte ein Jahr in Marokko und bereiste seit 1983 regelmässig alle Länder
Nordafrikas. Für Radio SRF berichtet Stauffer seit mehr als 20 Jahren über den
Maghreb und 2011-2015 auch über die arabischen Aufstände. Islamistische
Bewegungen im Maghreb und in Europa, Jihadismus und interkulturelle
Konfliktfelder sind seine Spezialgebiete.
Rudolf H. Strahm
(*1943), ehemaliger Nationalrat der sozialdemokratischen Partei der Schweiz
(SP), war Mitte der 1970er-Jahre der erste Sekretär der entwicklungspolitischen
Organisation «Erklärung von Bern» (Heute: «Public Eye»). 2016 forderte er ein
Jobprogramm für alle Flüchtlinge und Migranten. Strahm hat sich auch als
Bildungspolitiker, als Autor zahlreicher Bücher und als Kolumnist einen Namen
gemacht.
(Verlagstext)
Beat Stauffer
Maghreb, Migration
und Mittelmeer
Klappenbroschur
320 Seiten
56 Abbildungen
Format 15 x 22 cm
1.Auflage 07.08.2019
Preis: Euro 38,-