MAURENLAND, CHRISTENLAND
Ein Ritter, ein König, ein Poet:
Drei Jahrhunderte spanische
Reconquista
ISABEL BLANCO DEL PINAL
Wer eine Kulturreise nach Spanien plant und sich darauf
vorbereiten möchte, kommt um die Bücher von Isabel Blanco del Piñal nicht
herum. Mit ihren außerordentlichen Detailkenntnissen über Land und Leute bringt
sie den interessierten Leser das „goldene Zeitalter“ Spaniens, nämlich das Andalusien
(Al-Andalus) des Mittelalters näher.
Das vorliegende Buch Maurenland,
Christenland gibt die Lebensgeschichte 3 bedeutender Männer aus
wichtigen Epochen wieder: Ritter Rodrigo Diaz de Vivar, genannt El Cid, aus dem
11. Jahrhundert, König Alfons X. aus dem 13. Jahrhundert und Dichter Miguel de
Cervantes Saavedra aus dem 16./17. Jahrhundert. Alle drei lebten in Spanien in
unruhigen politischen Zeiten, die sie mit ihren Taten beeinflussten bzw.
unterhielten.
Der Ritter Rodrigo
Diaz de Vivar
Wer kennt ihn nicht, den couragierten Ritter, der mal mit
mal gegen die Mauren in den Kampf zog und durch den Hollywoodfilm aus den
1960er Jahren, „Der Cid“ mit Charlton Heston und Sophia Loren, auch in
Deutschland berühmt wurde.
Das Leben von Rodrigo Diaz de Vivar beginnt 1043, als die
Andalusier, die Muslime berberisch-arabischer Abstammung, fast ganz Spanien
beherrschten. Zu dieser Zeit begann die Macht zu bröckeln, denn die berühmten Kalifen
der Omayyadenherrschaft hatten unfähige Nachfolger, die das große Reich nicht
zu regieren wussten und so zerfiel es in kleine Königreiche, die Taifas. Lebten
vorher Muslime, Christen und Juden „gleichberechtigt“ unter islamischer
Herrschaft neben- und miteinander, so witterten nun die nördlichen vier
Königreiche Asturien-Léon-Kastilien, Aragon, Navarra und Katalonien ihre Chance
auf Rückeroberung der ehemals westgotischen Gebiete.
Rodrigo Diaz de Vivar zieht von einer erfolgreichen
Schlacht zur nächsten und wird dadurch immer reicher und mächtiger, doch „seinem“
König Alfons VI. bleibt er treu. Genauso oft verhandelt er aber auch mit den
andalusischen Königen der Taifas und kann letztlich Valencia, sein großes Ziel für
sich erobern. Mal kämpft er für die Andalusier mal gegen sie und dieses
Wechselspiel brachte ihm später den umstrittenen Ruhm als „Maurenfreund“ ein, der
genauso gut arabisch wie spanisch sprach und die Sitten und Traditionen auf
beiden Seiten kannte.
Während auf der anderen Seite des Mittelmeers die
Kreuzritter Jerusalem eroberten, starb 1099 der mutige Ritter Rodrigo, der den
Titel El-Cid (arab. Sidi, respektvoller Herr) von den Andalusiern erhielt.
Das Leben des Cid wird in diesem Buch von der christlichen
und maurischen Seite sowie durch die tatsächliche Geschichte und Legenden betrachtet,
das bis ins 20. Jahrhundert immer wieder Thema von Theaterstücken, Filmen,
Literatur war und sogar für Machtspiele der Franco-Diktatur missbraucht wurde.
Bis heute Rodrigo Diaz de Vivar, genannt der Cid, zu den spanischen
Nationalhelden.
Der König Alfons
X.
Das 13. Jahrhundert wird mit der Persönlichkeit des
Königs Alfons X. von Kastilien und Leon beschrieben. Er war einer der
gebildetsten Herrscher seiner Zeit, für ihn spielen Geisteswissenschaften,
fortschrittliches Denken, Toleranz und Dichtkunst eine bedeutende Rolle. Er
schrieb über Astronomie, Astrologie, Mathematik und Recht, verfasste
Gesetzestexte, aber auch Bücher über Würfel- und Brettspiele. Chronisten überwachte
er persönlich und natürlich verschönte er, wie seine Nachfolger auch, für ihn
nachteilige Passagen. Die Übersetzerschule von Toledo wurde unter seiner
Herrschaft wieder weltberühmt und Christen, Muslime und Juden arbeiteten eng miteinander.
Seine dichterische Liebe galt der Heiligen Maria, für die
er eigene Gedichte verfasste und von überall Geschichten und Gedichte sammelte,
die in seinem Werk „Las Cantigas de Santa Maria“ (Die Loblieder der Heiligen
Maria, 1277-1282) zusammengetragen und veröffentlicht wurden.
Doch neben all diesen wissenschaftlichen Tätigkeiten war Alfons
X. auch noch König und als solcher „Imperator und Souverän von Gottes Gnaden“,
der keine Einmischung von außen durch die Kirche duldete, was in einer Zeit, in
der auf der anderen Seite des Mittelmeers die Kreuzzügler Jerusalem
beherrschten und sich die Kirche überall einmischte, nicht so einfach war, denn
Alfons war tolerant und offen für die andalusische und islamische Kultur.
Sein Ehrgeiz Kaiser des heiligen römischen Reiches zu
werden, leerte die Staatskassen und brachten Alfons, neben anderen eher undurchsichtigen
Machenschaften, zu Fall.
Der Dichter Miguel
de Cervantes Saavedra
1547 wurde Miguel de Cervantes Saavedra in der Nähe von
Madrid geboren. Berühmt wurde er durch seinen Roman „Don Quichotte von La
Mancha“. Weniger bekannt sind seine vielen Theaterstücke und Sonetten, mit
denen er versuchte seinen Lebensunterhalt zu verdienen, was aber auch in dieser
Zeit nicht reichte und so nahm er andere Stellen, auch am spanischen Hof an, um
seine Familie ernähren zu können, was im 16. Jahrhundert ziemlich schwierig
war. Die spanischen Plünderungen Südamerikas brachten zwar viel Gold und Geld
in die Staatskasse Spaniens, die König Philipp II. schnell durch die Ausrüstung
der Armada gegen England und vieler anderer Ausgaben wieder verlor.
Das Leben Miguel de Cervantes ist gekennzeichnet von
Ungerechtigkeiten ihm gegenüber, Geldmangel, Gefängnisaufenthalte und erst
spätem Ruhm als „Erfinder des modernen Romans“, der ihm allerdings keinen „Geldsegen“
brachte, im Gegenteil, der Neid seiner Dichterkollegen begleitete ihn bis an
sein Lebensende.
Zu seiner Zeit spielte die Geschichte des 16./17.
Jahrhunderts auf dem Mittelmeer zwischen türkischer Herrschaft zur See und auf
der südlichen Mittelmeerseite und den europäischen Versuchen die Osmanen zu besiegen.
Cervantes war 1571 bei der Schlacht von
Lepanto dabei, als die Europäer diese Seeschlacht gegen die Osmanen gewannen und
er als Gefangener nach Algier kam. Dort blieb er einige Jahre bis er
freigekauft wurde und nach Spanien zurückkehrte.
Für Cervantes waren Freiheit und Gerechtigkeit von
überragender Bedeutung, um beides musste er immer wieder kämpfen und erlebte
doch am eigenen Leib, was Ungerechtigkeit war.
Cervantes hat sich nach Ruhm und Anerkennung gesehnt, die
ihm allerdings erst nach seinem Tod 1616 zuteil wurden. Heute gibt es über 4000
Biografien über den Poeten und seine Werke und im Centro Cervantino, der
Museumsbibliothek von El Toboso werden 122 Ausgaben von Don Quichotte in 56
Sprachen aufbewahrt und ausgestellt, darunter eine mit der Unterschrift von
Fürst Otto von Bismarck aus dem Jahr 1853.
Fazit:
Auch in diesem Buch schreibt Isabel Blanco del Piñal keine
langweiligen Geschichtsfakten sondern einfühlsame und unterhaltende Porträts
wichtiger Persönlichkeiten der spanischen Geschichte zur Zeit als Mauren,
Christen und Juden friedlich miteinander in Al-Andalus lebten. Sie ergreift
nicht Partei und beleuchtet die Geschichte von der
berberisch-arabisch-muslimischen wie auch von der spanisch-christlichen Seite.
Isabel Blanco del Piñal hat ihr Herz an Spanien bzw.
Andalusien verloren und beschert uns dadurch wunderbare Bücher zur mittelalterlichen
Kultur des Landes. Ihre intensiven Kenntnisse und ihre Liebe zum Land sind auf
wunderbare Art eingearbeitet. Das empfehlenswerte Buch ist gut zu lesen und
wird mit vielen Farbbildern nochmals aufgewertet. Fachbegriffe werden am Ende
bestens erklärt.
Autorin:
Isabel Blanco del Piñal wurde 1946 in Fulda geboren und wohnt
heute überwiegend in München. Sie lebte und arbeitete zunächst 5 Jahre in
Frankreich, danach 17 Jahre in Spanien. Sie schreibt ebenfalls für spanische
Medien und ihr umfangreicher Beitrag über den Historiker Ibn Chaldun fand große
Beachtung.
„Das größte Anliegen der Autorin ist Verständnis für
fremde Kulturen zu wecken und das reiche, geschichtliche und kulturelle
Vermächtnis der Völker auf einfache Art nahe zu bringen. Sie ist überzeugt: „Nur wer die Vergangenheit eines Volkes, eines
Landes kennt, kann seine Menschen und seine Kultur heute verstehen.“
Werden in diesem Buch drei christliche Persönlichkeiten vorgestellt, beschreibt sie in ihrem Buch „Land am Sonnenuntergang“ nicht nur die Geschichte des Landes sondern auch das Mittelalter in Marokko durch wichtige Persönlichkeiten, wie z. B. den Chronisten Ibn Khaldun und lässt Emire zu Wort kommen, die auf beiden Seiten der Straße von Gibraltar lebten.
Isabel Blanco del Piñal ist eine ausgezeichnete
Beobachterin und ihre Liebe zu Andalusien und den „Spuren der alten Araber“ hat
sie nun sogar bis nach Usbekistan geführt, doch das ist eine weitere
Geschichte, die noch geschrieben wird…
Ihre Bücher erscheinen in ihrem Verlag RoseNoire in
München.
Isabel Blanco del Piñal
Maurenland, Christenland
Maurenland, Christenland
Hardcover, 21 x 16 cm
100 Farbbilder, 440 Seiten
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