Araber als Teil der hellenistisch- römischen und christlichen Welt |
AYAD AL-ANI
Araber als Teil
der hellenistisch-römischen und christlichen Welt
Wurzeln orientalischer Betrachtung und gegenwärtiger
Konflikte: von Alexander dem Großen bis zur islamischen Eroberung
Aktuelle Diskussionen über den Islam, Muslime und
Bedrohung zeigen, wie wenig man voneinander weiß. Missverständnisse und die
Angst voreinander führen bis in die Anfänge der arabischen und islamischen
Geschichte zurück.
Das römische Imperium später Byzanz grenzte an die
arabische Halbinsel, Syrien und Palästina gehörten dazu. Einzelne arabische
Volksgruppen waren Christen, Nestorianer, Zoroastrier, Juden u.a. und viele
Araber hatten hohe Posten in der römischen später byzantinischen Verwaltung
inne. Auf der anderen Seite in Persien oder Indien war es genauso.
Entstehung des
negativen Bildes der Araber
Professor Ayad Al-Ani untersucht in seiner Studie „auf
Basis der westlichen und arabischen Sekundärliteratur“ die Entstehung des
negativen Bildes der Araber in der Zeit von 331 v. Chr. (Alexanderfeldzug) bis
636 n.Chr. der Schlacht von Yarmuk, die
mit der Niederlage des byzantinischen Heeres gegen die Araber endete.
De-Arabisierung
und Dekonstruktion der arabischen Geschichte
Dem Autor fällt auf, dass westliche Geschichtsschreiber
die Araber als eine von vielen semitischen Gruppen auf der arabischen Halbinsel
wahrnehmen, die relativ kurz vor der Ausbreitung des Islam ab 632 aus dem
Dunkeln auftauchten und eine günstige Gelegenheit ausnutzten, um Byzanz und
Persien zu bezwingen. Sie hätten dann nachträglich die Schrift, Dichtung und
Religion „erfunden“, um eine „entsprechende geschichtliche Verankerung“ im
neuen islamischen Reich zu belegen. Zudem würden westliche Wissenschaftler eine
„De-Arabisierung“ und „Dekonstruktion der arabischen Geschichte“ betreiben und
alle folgenden geschichtlichen und politischen Abläufe ausschließlich über die
Religion des Islam erklären, wobei sie auch auf Historiker der Antike aufbauen,
die die Präsenz der Araber im byzantinischen Reich und in Persien misstrauisch
begegneten.
Trauma der
westlichen Berichterstatter und Historiker?
Er führt diese religionsgeschichtliche Betrachtung auf
ein eventuelles „Trauma“ zurück, das mit dem „Verlust des religiösen Kernlandes“
der Christen und Juden zu tun haben könnte. „Die islamischen Armeen Mohammeds“
haben bis zum 12. Jahrhundert (Kreuzzüge) die Länder des ehemaligen Römischen
Imperiums erobert, was der Westen bis heute nicht verkraften könne. Deshalb
werden aktuelle politische Veränderungen, wie der arabische Frühling, und
mangelnde Demokratie mit religiösen bzw. religionsgeschichtlichen Ereignissen
in Zusammenhang gebracht, die allerdings
900 Jahre zurückliegen! Dass es in diesen Ländern keine Demokratie gibt, weil
sie kolonisiert waren und der westliche Einfluss entwicklungshemmend für eine
Demokratie war, wird nicht beachtet.
Christliche Araber,
arabische Christen
Der heutige Nahe Osten, d.h. Syrien, Palästina u.a. war
Teil der griechisch-hellenischen Epoche und des römischen Reiches und hier
lebten und leben Beduinen (arabische Nomaden), sesshafte Araber, Kaufleute,
Händler, Gelehrte, Politiker. Hier entstanden die drei monotheistischen
Religionen. Araber, wie andere, waren immer Teil dieser griechisch-römischen,
später byzantinischen und persischen Reiche. Insofern nahm es nicht Wunder, dass
Araber hohe und höchste Posten in der Verwaltung bis zum Kaiser inne hatten und
auch ihre Gewohnheiten und Religionen ausübten.
Mehr Gemeinsames
als Trennendes
Als die Araber gegen Byzanz und Persien siegten, waren es
vorerst arabische Siege und nicht islamische. Die Religion spielte anfangs
keine Rolle, eher die Aussicht auf reiche Beute. Omayyaden integrierten
Christen und diese erhielten hohe Posten in der Verwaltung wie Araber zuvor in
Rom und Byzanz oder Persien. Araber ließen Kirchen bauen obwohl der Islam
bereits präsent war und es gab „Gemeinsamkeiten bei der Gebetspraxis“, auch in
den Gewohnheiten und der Sprache.
Erst die Abbasiden, die 750 die religionsliberalen
Omayyaden ablösten, stellten den Islam, rund 130 Jahre!! nach seinem Entstehen in
den Mittelpunkt ihrer Machtausübung.
Autor:
Prof. Dr. Dr. Ayad Al-Ani studierte
Wirtschaftswissenschaft und Politikwissenschaft an der Wirtschaftsuniversität
Wien und der Universität Wien. Er war Rektor und Professor an der ESCP Europe
Wirtschaftshochschule Berlin und Professor an der Hertie School of Governance
in Berlin. Aktuell forscht Professor Al-Ani am Alexander von Humboldt Institut
für Internet und Gesellschaft (HIIG). Prof. Al-Ani verfügt über zwanzig Jahre
Erfahrung in internationalen Beratungsfirmen und war zuletzt Executive Partner
bei Accenture und Managing Director des Wiener Büros.
Fazit:
Eine interessante Studie, die zeigt, wie mit einzelnen
Begriffen die Betrachtung gesteuert werden kann, in dem etwas ausgelassen,
verdreht oder ein anderes Wort gebraucht wird, das positiv oder abschreckend
wirken soll.
Dabei läuft man allerdings Gefahr zu sehr die eine oder
andere Seite zu bevorzugen, denn beim Beispiel des römischen Kaisers Septimius
Severus, der im libyschen Leptis Magna 144 n. Chr. geboren wurde und neben
Latein und griechisch auch punisch sprach, wird sich dieser nach einer
800jährigen phönizisch/punischen und rund 400jährigen römischen Geschichte kaum
mehr als „Araber“ gesehen haben, auch wenn er eine Frau aus Syrien geheiratet
hat.
Ein wichtiges Buch zur Aufklärung von Missverständnissen,
Ungereimtheiten und eine Erinnerung, dass christliche Araber, Perser, Christen,
Juden u.a. im Nahen Osten und auf der arabischen Halbinsel eine gemeinsame Geschichte
schrieben und zusammenlebten, bevor der Islam sich als Religion etablierte und
alle Religionen mehr Gemeinsames als Trennendes beinhalten.
B.Agada
Ayad Al-Ani
Araber als Teil
der hellenistisch-römischen und christlichen Welt
Broschur (250 g)
182 Seiten mit 3 Karten
1.Auflage 2014