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ALICE SCHWARZER
MEINE ALGERISCHE FAMILIE
Alice Schwarzer stellt „ihre“ algerische Familie vor, die
in Tipaza, im Großraum Algier, in Setif im Osten lebt, aber auch in Kanada oder
Paris. Es ist eine gut situierte Großfamilie, bei der Cousinen und Cousins,
Nichten und Neffen eingeschlossen sind.
Bei der Hochzeit eines Familienmitglieds wird die Braut
traditionell ihr Kleid siebenmal wechseln, auch die anderen Frauen haben
mehrere Kleider zum Wechseln dabei. Aber was macht Alice Schwarzer, die nur
zwei Kleider mitgenommen hat?
Ist eine Kuckucksuhr aus dem Schwarzwald wirklich das
passende Geschenk für eine algerische Famlie? Warum schauen Algerier wohl das
französischsprachige Fernsehen an, obwohl die Kolonialvergangenheit noch in den
Köpfen präsent ist? Warum werden Alice Schwarzer, die Fotografin Bettina
Flitner und Djamila, die besuchte Freundin der Autorin während einer Wahlkampfveranstaltung
zur Polizeiwache gebracht? Und was ist algerische Identität? Auf diese und
weitere Fragen gibt die Autorin und ihre Gesprächspartner Antworten.
Das Buch zeigt einen offenen Blick in das Leben einer
algerischen Familie, den man gewöhnlich nur erhält, wenn man die Familie schon
sehr lange kennt, wie bei der Autorin seit 1989. Dabei hilft auch, dass es in
der Familie ebenfalls Journalisten gibt.
In 17 Kapiteln kommen vor allem Frauen zu Wort, die sich
ungeniert äußern, über Familie, Beruf, Politik, Tradition, Moderne und nicht
zuletzt das Kopftuch.
Djamila erzählt, wie sie und andere Frauen bei der
Beerdigung von Assia Djebar, der bekannten Schriftstellerin den Sarg getragen
haben, eigentlich ist dies Männern vorbehalten.
Es kommt zu einem Wiedersehen mit Khalida Toumi, der
ehemaligen Ministerin für Kultur und Kommunikation, die in den 1990er Jahren in
Deutschland von Alice Schwarzer im Fernsehen interviewt wurde und schon damals
beklagte, dass der Westen die Augen vor dem Erstarken der Islamisten verschloss
und Algerien nicht im Kampf gegen die religiösen Extremisten geholfen habe.
Da Alice Schwarzer und Bettina Flitner erst 2017 nach
Algerien gereist sind, ist das Buch sehr aktuell und in vieler Hinsicht
aufschlussreich, besonders bei den Fragen zum Islam, den Islamisten, zur aktuellen
Politik in Europa und dem Nahen Osten. Alle sind sich einig, dass Algerien den
arabischen Frühling nicht erlebt hat, weil das „schwarze Jahrzehnt“ mit 200.000
Toten die Ereignisse von 2011 bereits in den 1990er Jahren vorweggenommen haben
und die Algerier, nicht nur die Familie von Alice Schwarzer, die Folgen bereits
erlebten, unter denen heute die Menschen in Tunesien, Ägypten, Libyen und
Syrien zu leiden haben.
Allerdings liest man auch die Meinungen von der anderen
Seite des Mittelmeers zur Deutschen Politik, den Ereignissen in Köln und Mme
Merkel.
Autorin:
Alice Schwarzer ist eine politische Journalistin und
Herausgeberin der Zeitschrift EMMA. Sie lebte und arbeitete in Paris, wo sie u.a.
nordafrikanische Kollegen kennen lernte. Seit einem Besuch im Iran 1979 beschäftigt
sie sich mit dem politisierten Islam.
Fazit:
Ein gelungenes, persönliches Buch. In einer lockeren und lebhaften Art beschreibt die Autorin ihre Erlebnisse. Persönliche Begegnungen von heute und frühere Ereignisse in der algerischen Geschichte werden gut aufbereitet beschrieben.
Auffällig, nicht nur in dieser Familie ist der Zusammenhalt, jeder hilft jedem und man steht sich bei, das ist auch bei meiner Familie so, denn ich habe in eine Familie der algerischen Sahara eingeheiratet. Und vor allem wird die Gastfreundschaft immer wieder betont.
Auffällig, nicht nur in dieser Familie ist der Zusammenhalt, jeder hilft jedem und man steht sich bei, das ist auch bei meiner Familie so, denn ich habe in eine Familie der algerischen Sahara eingeheiratet. Und vor allem wird die Gastfreundschaft immer wieder betont.
Die vielen Bilder bereichern und unterstreichen die
Erzählungen.
Das Buch ist sehr empfehlenswert, vielen Dank an Alice
Schwarzer und vor allem herzlichen Dank der algerischen Familie für die
Erlaubnis „hinter die Kulissen blicken zu dürfen“ und der offenen Worte. Unbedingt lesen.