Montag, 5. September 2016

Rezension: Wir da draußen

duMont
Empfehlung

FIKRY  el AZZOUZI

WIR  DA  DRAUSSEN   Roman

Der Autor Fikry el Azzouzi beschreibt die Lage von jungen Männern, die in einem kleinen Ort in Belgien leben. 

Familienprobleme

Marokkanischer Herkunft ihrer Eltern, sind sie längst Flamen geworden, außer Kevin, ein echter Belgier, der mit seiner alkoholsüchtigen Mutter ohne Vater lebt, und sich Karim nennt, um den Marokkanern zu gefallen und der immer wieder „Anwandlungen eines Salafisten“ zeigt. „Karim ist bei uns eine Minderheit, und deshalb übernimmt er die meisten Angewohnheiten der Mehrheit. Das nennt man Integration. Sagen wir, Kevin ist ein Konvertit….Karims Problem ist, dass er sich ständig beweisen muss. Er will noch dunkelhäutiger und gläubiger sein als wir.“ So schreibt Ayoub, der Marokkaner, mal wieder in sein Notizbuch. Karim, Fouad und Maurice, seine anderen Freunde, zwicken Ayoub deshalb auf, aber er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und schreibt weiter.  

Gesellschaftsprobleme

Ayoub und seine Freunde fühlen sich ausgeschlossen aus der Familie und aus der Gesellschaft. Der Vater lebt sein Ego aus, schlägt die Söhne und die Mutter traut sich nicht, sie zu verteidigen, obwohl sie sich Vorwürfe macht. So leben Ayoub und seine Freunde auf der Straße und schlüpfen nur nach Hause, wenn der Vater schläft oder nicht da ist und die Mutter die Tür einen Spalt weit offen lässt. Die Jugendlichen versuchen ihr Leben „auf der Straße“ so angenehm wie möglich zu gestalten. Ayoub will Schriftsteller werden, natürlich ein erfolgreicher. Fouad sieht sich als Bodybilder und Frauenschwarm. Eines Tages stellt Fouad Ayoub seinen neuen Freund vor, Jean-Pierre, der ein Künstler werden möchte und sich an Fouads „tollem Körper“ ergötzt, den dieser gern zur Schau stellt. Mit Drogen und Aufputschmittel vollgepumpt, hält Fouad dem Druck nicht stand….. Ayoub macht sich große Vorwürfe.

Drogenprobleme

Maurice wohnt zur Untermiete bei einem älteren Marokkaner. Die Freunde freuten sich und dachten zuerst, sie könnten gleich mit einziehen, damit sie nicht mehr auf der Straße sein mussten. Doch Mo, der Marokkaner, wollte zunächst keine Besucher akzeptieren. Maurice hat eine flämische Mutter und einen Vater aus der Elfenbeinküste, die Eltern sind geschieden. Maurice versteht sich nicht sehr mit seinem Stiefvater. Da sind ihm seine Freunde näher. Eines Tages fällt Mo durch zu starken Drogenkonsum ins Koma…

Glaubensprobleme 

Plötzlich erscheint Karim/Kevin in einer Djalabiya (langes Gewand) bei Ayoub und Maurice und nennt sich Abu Karim. Er versucht beide davon zu überzeugen, dass ihr bisheriges Leben nichts gebracht hat und dass es nur im Glauben eine Erfüllung gibt.
Zur großen Überraschung der beiden erklärt Karim kurz darauf auch noch, dass er verheiratet ist. „Bruder“ Ayoub und „Bruder“ Maurice können es kaum glauben, bis sie der Frau und Witwe gegenübersitzen, die auch noch 3 Kinder hat, die Abu Bakr, Omar und Othman heißen, nach den ersten drei Kalifen im Islam. Natürlich soll der Sohn von Karim Ali heißen.
Die dreifache Witwe hat ihre Männer alle als Märtyrer verloren, in Afghanistan, Irak und Somalia. Nun soll Abu Karim seine Freunde davon überzeugen, mit ihm in Syrien zu kämpfen. Wird er Erfolg haben ?

Autor:
Fikry el Azzouzi, wurde 1978 in Temse (Belgien) geboren und ist ein flämischer Autor marokkanischer Herkunft. Einen Namen machte er sich als Kolumnist und Dramatiker. Er wurde u.a. 2013mit dem Autorenpreis für Theaterkunst  ausgezeichnet. 2010 erschien sein Debütroman „Het Schapenfeest“, 2014 folge die Novelle „De handen van Fatma“. „Wir da draußen“ ist das erste Buch von el Azzozi, das auf Deutsch erscheint. Der Autor lebt in Antwerpen.

Fazit:
Mit der Umgangssprache der jungen Leute von heute hat der Autor die Gedankenwelt der Jugendlichen 16-18jährigen treffend beschrieben. Ein wenig derb, mit dunklem Humor ausgestattete Protagonisten, die im Geiste alles kurz und klein hauen, jeden erschlagen, der sich ihnen in den Weg stellt, trifft er die Reden der sich ständig provoziert Fühlenden genau. Er hat zwar auch die Klischees nicht ganz ausgelassen, aber dennoch ein zum Nachdenken anregendes Buch geschrieben.
Ein amüsanter Roman aus einem Milieu, das es zur Zeit überall in Europa geben dürfte. Ein Buch für Eltern, die Veränderungen ihrer Kinder beachten sollten.  

Ein Roman, der den Leser in die Handlung einbezieht, denn Ayoub, der Schriftsteller spricht Sie als Leser direkt an. Dies ist ein geschickter Zug, der Autor erreicht damit, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen will.