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PETER HEINE
KÖSTLICHER ORIENT
Eine Geschichte der Esskultur
Freunde der nordafrikanischen und orientalischen Länder
und deren Küche können sich und ihren Bekannten zu Weihnachten ein schönes
Geschenk bereiten.
Der Islamwissenschaftler und Kenner der orientalischen
Küche Peter Heine ist der Autor dieses interessanten Bandes rund um die
Esskultur in Nordafrika und im Orient bis nach Indien.
Ein schönes Buch
Das Buch beeindruckt schon von außen. Der blaue
Leineneinband mit orientalischem Mosaik aus Usbekistan lässt auf einen „erlesenen“
Inhalt hoffen. Dass dies kein „normales“ Kochbuch ist, bemerkt man schon beim
Öffnen des Bandes. Bordeaux-Rote Vorsatzseiten und eine blaue Schrift mit
bordeaux-farbenen Überschriften und Seitenzahlen machen auf den Inhalt
neugierig. Die Rezepte stehen in hellblau hinterlegten Infokästen und sind mit
einer roten Leiste und einer Zeichnung verziert.
Geschichte der
orientalischen Kochkunst
Hier geht es mehr um die Geschichte der orientalischen
Kochkunst, um die Kultur, um die Gewürze, um den Umgang mit Kochgeschirr und
Rezepte für Diabetiker und andere Einschränkungen aus alten arabischen Kochbüchern
und um den Verlauf des Kochens als Kunst in den Epochen vom frühen Mittelalter
über die Kolonialzeit bis zur Moderne als um präzise Vorgaben, die bei einigen
Rezepten fehlen.
Von der
Gastfreundschaft zum Hummus-Streit
Die Beiträge in den acht Kapiteln sind vielfältig und
unterhaltsam. Von der Gastfreundschaft in der arabischen Welt bis zu Döner-Buden
und Halal-Industrie reichen die Themen. Man erfährt, dass in Marokko in der
Profi-Küche mehr Frauen als Männer Chefköche sind, dass trotz der Gebote im
Koran doch ganz gern Wein und Bier getrunken werden, aber Schweinefleisch
tatsächlich fast überall in der arabischen Welt nicht gegessen wird.
Es gab und gibt so viele Kochbücher wie Länder oder
frühere Dynastien. Wie waren die Essgewohnheiten der Omayyaden oder Abbasiden,
konnte es eine einheitliche Küche im Osmanischen Reich geben?
Auch das Kapitel über die Gewürze, die vom östlichen
Orient in den Nahen Osten und weiter nach Europa wanderten und welche Gemüse
vom Westen in den Osten wanderten wird sehr interessant geschildert.
Angereichert sind die Themen mit Anekdoten, Beschreibungen der im Koran
stehenden Gebote über das Essen und Trinken und über das Teilen der Speisen mit
den armen Leuten. Im Ramadan werden spezielle Suppen wie Harira oder Süßspeisen
zubereitet und gerade in dieser Zeit denkt man besonders an Bedürftige und
teilt das Essen miteinander. Politische Parteien und Institutionen laden zum
Fastenbrechen ein.
Ein sehr interessantes Kapitel dreht sich um Politik und
Wirtschaft in den Speisen. Hierin streiten sich Israelis mit ihren Nachbarn um
Falafel und Hummus. Ist Dolma das Nationalgericht des Irak oder kommen die
gefüllten Weinblätter doch aus Armenien? Auch die Verarbeitung und Herstellung
von Halal-Gerichten ist ein neueres Thema, nicht nur in Europa, auch in China,
wo 27 Millionen Muslime leben.
Erste Eindrücke
Die erste Dynastie nach dem Propheten Muhammed und den
ersten vier Kalifen waren die Omayyaden. Bei ihnen spielte die Quantität eine
größere Rolle als die Qualität. Auf dem Speiseplan standen Lamm, Schaf und
Datteln in einfacher Zubereitung. Schon die Abbasiden erweiterten ihre Rezepte
mit antiken griechisch-römischen und iranischen Speisen, die durch den Handel
in die Hauptstadt Bagdad gelangten und durch die Übersetzung früherer
Kochbücher. Nach den Abbasiden erlebte besonders Nordafrika eine kulinarische
Blütezeit. Zu den eigenen Köstlichkeiten brachten die zurückkehrenden
Andalusier nach 1492 viele Feinheiten von der spanischen Halbinsel mit.
In der iranischen Küche sind Reisgerichte und Sorbets ein
Leckerbissen, die während der Safawiden-Dynastie (1501 - 1722) besonders
erweitert wurden.
Im Anhang findet sich ein alphabetisches Verzeichnis der
70 Rezepte bzw. mehr als hundert, wenn man die arabische Übersetzung mitzählt. Zur
Vertiefung in das Thema wurde eine Liste der verwendeten Literatur beigefügt,
sowie eine Zeittafel und eine Zutatenliste mit Hinweisen, wo diese erhältlich
sind.
Fazit:
Der Autor gibt einen tiefen Einblick in die kulinarische
Kultur Nordafrikas und des Orients, die noch vielseitiger ist, als man ohnehin
schon weiß. Ergänzende Abbildungen von den Gerichten fehlen leider. Doch die
Geschichte um die Esskultur des Orients ist vielfältig und interessant erzählt,
so dass dieses Buch auf jeden Fall eine Bereicherung für den interessierten
Leser ist, eine gute Empfehlung.