Manesse |
CLAUDIA OTT
101 NACHT
Wie im Märchen…
101 NACHT
Wie im Märchen…
Es war einmal eine Dame, die besuchte 2010 in Berlin ein
Museum mit Ausstellungsstücken der Aga Khan Stiftung. Sie ging also durch die
Räume und betrachtete Kunstgegenstände wie Gemälde, Keramiken, Kleider,
Metallgefäße und Holzarbeiten. Für die Buchillustrationen, Zeichnungen,
Manuskripte und Handschriften interessierte sie sich besonders. Die
Handschriften in einer Vitrine mit Ausstellungsstücken aus Andalusien erregten
ihre Aufmerksamkeit. In einer Ecke lag ein Buch, das die Dame magisch anzog und
als sie den Titel las, war sie wie elektrisiert und die Sensation perfekt.
„Das Buch mit der
Geschichte von Hundertundeiner Nacht“
Nun zur Realität, denn die Dame ist keine geringere als die
Orientalistin Dr. Claudia Ott, die Übersetzerin einer der neueren Ausgaben von
„Tausendundeine Nacht“. Sie hat eine Sammlung von Märchen entdeckt, die fast
unbekannt ist, nämlich „Das Buch mit der Geschichte von Hundertundeiner Nacht“.
Diese Rarität hat Claudia Ott übersetzt. Die Sensation an der nun vorliegenden
deutschen Ausgabe ist die Vorlage, die bis jetzt die „älteste erhaltene“
Handschrift ist und deren Wert von anderen Orientalisten vorher nicht erkannt
wurde. Sie stammt von etwa 1234 oder 1235.
Vermutlich älteste
Handschrift aus Andalusien
Es wird sogar vermutet, dass die Sammlung auf Vorlagen
altindischer bis chinesischer Märchen zurückgeht und um 500 n. Chr., also vor
der Entstehung des Islam, ins Mittelpersische übersetzt wurde. Über Arabien und
Nordafrika gelangten diese Märchen in das damals arabisch-berberische al-Andalus
(heute Andalusien in Südspanien) und wurden um 800 n. Chr. ins Arabische übertragen.
Vom 9. bis zum 15. Jahrhundert wurden sehr viele arabische Werke aus den
Wissenschaften in Andalusien per Hand kopiert, darunter auch die bekannten
Märchen aus Tausendundeiner Nacht.
In Hundertundeine Nacht werden die Kreuzzüge nicht
erwähnt, was, neben anderen Hinweisen, die im Nachwort beschrieben werden, auf
eine frühere Entstehung schließen lässt. Denn gerade die Kreuzzüge sind ein
beliebtes Thema der arabischen Literatur in der damaligen Zeit.
Einfluss auf
europäische Märchen
Außer der Rahmengeschichte, die wie bei Tausendundeine Nacht,
von Shahrazad und dem König handelt, und trotzdem schon einen anderen Verlauf zeigt
und zwei Geschichten, die, in Variationen, auch in Tausendundeine Nacht
enthalten sind, liegen hier andere Märchen vor. Die Verbreitung von
Hundertundeine Nacht beschränkt sich auf den berberisch-arabischen Westen und
ist die älteste der bisher bekannten sieben Handschriften. Sogar die
europäischen Märchen und Legenden wurden von Hundertundeine Nacht mehr
beeinflusst als von Tausendundeine Nacht; es gibt mehr als nur Ähnlichkeiten,
wie sich bei dem „Rolandlied“ und
anderen Geschichten, die in Italien erzählt werden, nachweisen lässt.
Von Kalifen und Prinzen, schönen Frauen und edlen Helden
Die Märchen aus Hundertundeine Nacht erzählen von reichen
Kalifen und edlen Prinzen, gerissenen Kaufleuten und listigen Händlern, schönen
Mädchen und heldenhaften Jünglingen. Königreiche werden verteidigt, Jungfrauen
entführt. Mit List und Schlauheit setzen sich die Helden durch, mal ist es der
Königssohn, dann die Tochter des Herrschers, die sich rächt. Beduinen und
Sesshafte wohnen in den Königreichen. Riesen und Dschinnen bedrohen
Königstöchter und werden von schönen Prinzen des Nachbarkönigreichs gerettet. Die
Erzählungen sind in sich abgeschlossen und nehmen immer ein gutes Ende für die
Protagonisten und eine Moral steht am Ende so mancher Geschichte. Es wird zwar
viel getötet, aber die Herrscher sind im Allgemeinen eher milde und
nachsichtig. Insgesamt werden 38 Geschichten, inklusive der Rahmenhandlung von
Shahrazade und dem König, in Hundertundeine Nacht erzählt.
Von der
Handschrift zum gedruckten Buch
Neben den 101 Erzählungen sind das Nachwort und die
Beschreibung von Claudia Ott über ihre Arbeit an diesem Buch mindestens genauso
interessant, wie die Geschichten, die Shahrazad ihrem König erzählt.
Von der Entdeckung der Handschrift während der
Ausstellung „Schätze des Aga Khan Museum“ in Berlin bis zur fertigen Ausgabe
beschreibt sie ihre Tätigkeiten und der Leser kann verfolgen, wie viele
Schritte notwendig waren, bis er dieses schöne Buch in der Hand hält. Bilder
vom andalusischen Original zeigen ersten Seiten der arabischen Handschrift, die
Vermessung und Detailansichten mit der Beschreibung der Handschrift.
Das Buch
Das Buch hat einen edlen, samtigen Einband in Rot mit
kupferfarbenen Arabesken. Die 334 Seiten sind gut zum Lesen und Vorlesen
geeignet, denn das Schriftbild ist klar und übersichtlich.
Die Überschriften sind in Rot abgesetzt und wenn im
Original Worte in Rot geschrieben wurden, so sind sie auch in diesem Buch in
Rot gedruckt. Im Glossar werden Erklärungen zu unbekannten Ausdrücken gegeben.
Es folgen ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel und das Inhaltsverzeichnis.
Autorin:
Frau Dr. Claudia Ott studierte in Jerusalem, Tübingen und
Berlin Orientalistik und arabische Musik in Kairo. Mit ihrer Übersetzung von 1001
Nacht aus der arabischen Vorlage von Muhsin Mahdi wurde sie einem großen
Publikum bekannt. Sie lebt mit ihrer Familie in Niedersachsen und unterrichtet an
der Universität in Göttingen.
Fazit:
Das Buch ist ein Juwel für Liebhaber
orientalischer Märchen und Literatur eine wahre Freude. Wer sich für die
Sammlung der Märchen aus 1001 Nacht interessiert, dem sollte „Das Buch mit der
Geschichte von Hundertundeiner Nacht“ nicht fehlen.
Claudia Ott
101 Nacht - Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von
Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums
1.Auflage 2012, Hardcover mit
Schmuckeinband
334 Seiten, Samtbezug mit
Folienprägung
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