Tahar Ben Jelloun |
Der Islam, der uns
Angst macht Rezension
Tahar Ben Jelloun
In seinem neuesten Buch setzt sich Tahar Ben Jelloun, der
marokkanische Schriftsteller, einmal mehr mit der Frage auseinander, wie man
„den Islam“ am besten erklärt oder darüber aufklärt.
Sieben Worte
Den Text des ersten Teils „Sieben Worte“ schrieb er kurz
nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Zu den
sieben Worten Freiheit, Wut, Islam, ein Lächeln, Rache, Unwissenheit,
Wiederstand schreibt er seine Gedanken auf, die in der Französischen Zeitung
Le1 erschienen.
In den 1970er Jahren verließ Tahar Ben Jelloun seine
Heimat Marokko, der Freiheit willen, die er in Frankreich glaubte gefunden zu haben,
bis jetzt. Nun wird seine Freiheit der Sicherheit unterworfen und als
Nordafrikaner in Frankreich hat er es nicht leicht. Immer begleiten ihn Fragen
und Gedanken zum Islam.
Fragen zum Islam
Im zweiten Teil beantwortet er in einem fiktiven Gespräch
die Fragen seiner Tochter. „Muss man Angst haben vor dem Islam ? - „Von welchem
Islam redest Du ?“, fragt er zurück. Und darum geht es bei allen Diskussionen.
Es gibt verschiedene Auslegungen der religiösen Texte, genauso wie es
unterschiedliche Ansichten im Christentum gibt.
Sehr interessant sind seine Antworten auf die folgenden
Fragen: „Wie wird man zum Djihadisten?“, „Was wissen sie über den Islam?“, „Ist
der Islam gewaltsam?“, „Kann ich als Mädchen muslimischer Kultur…Witze über die
Religion machen?“, „…Ist der Islam…möglich in einer laizistischen Demokratie
wie der Frankreichs?“ oder „Wann wird endlich Schluss sein mit der sogenannten
Islamophobie?“.
Im Zeichen des
Bösen
In diesem Kapitel denkt sich der Autor in die Person von
Mohamed Merah, der 2012 sieben Menschen das Leben nahm. Er beschreibt den
Werdegang des jungen Mannes, der sich zwar sehr bemüht und versucht, es allen
recht zu machen, aber bald feststellen muss, dass die Franzosen ihn nicht
richtig akzeptieren. Er will nicht auffallen, befolgt den Ramadan, will ein
guter Muslim sein, aber trotzdem läuft es nicht so, wie er sich sein Leben
vorstellt und rutscht ab. Er fühlt sich gedemütigt, missverstanden.
Frankreich hat Angst vor den zurückkehrenden Djihadisten,
doch wie kann man verhindern, dass Jugendliche dem „Abenteuer Djihad“ erliegen
und sie den Werbern entreißen? Der Autor versucht auch auf diese Frage zu
antworten.
Islamischer Staat
Das nächste Kapitel dreht sich um den Islamischen Staat.
Am Anfang dieses Kapitels steht Georg W. Bush, der in den Irak einmarschiert
ist und die reguläre irakische Armee aufgelöst hat, aus dessen Überbleibseln
sich der IS entwickelt hat, finanziert von den Golfstaaten und Saudi-Arabien.
Tahar Ben Jelloun beleuchtet die Geschichte der Entstehung des IS, die bereits
1966, lange vor al-Baghdadi begann und durch den Krieg in Syrien den
„Durchbruch“ schafft. Was Russland und Europa damit zu tun haben liest sich wie
ein Krimi.
Arabischer
Frühling
Im Kapitel „Der Arabische Frühling“ zieht der Autor eine
durchwachsene Bilanz. Während Tunesien sich zunehmend stabilisiert, von
einzelnen Rückschlägen abgesehen, steht Libyen vor einem Scherbenhaufen und
Ägypten ist zur Militärdiktatur zurückgekehrt. In Marokko hat der weitsichtige
König rechtzeitig Reformen eingeleitet und Algerien hat diese ganzen Ereignisse
bereits hinter sich und in den 1990er Jahren schmerzliche Erfahrungen gemacht. Die
geplante Tragödie in Syrien geht weiter.
Widerstand
Im letzten Kapitel geht Tahar Ben Jelloun auf die
neuesten Anschläge in Paris und Kopenhagen ein.
Am Beispiel Dänemark zeigt er auf, dass dort Demokratie und
„absolute Freiheit“ des Einzelnen gelebt wird und arabische Muslime diese Freiheit
des Einzelnen nicht kennen und verstehen, weil bei ihnen die Gesamtheit der
Umma, der Klan, die Gruppe zählt, aber nicht das eigenverantwortliche Individuum.
Er fordert zum Widerstand gegen den Islamismus auf.
Autor
Tahar Ben Jelloun, geb. 1944 in Fès (Nordmarokko), lebt
seit den 1970er Jahren in Paris. Er gilt als bedeutendster Vertreter der
französischsprachigen Literatur des Maghreb.
Fazit:
Tahar Ben Jelloun beleuchtet die aktuelle Situation in Europa,
nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo in Paris und auf das Kulturzentrum in
Kopenhagen. Er macht sich Gedanken, wie man die verschiedenen Auslegungen des
Islam erklären kann und was man heute gegen die Bedrohung von islamistischen
Gruppen machen kann.
Das Buch ist unterhaltsam geschrieben durch das
gedankliche Zwiegespräch mit der Tochter und regt zum Nachdenken an. Auf jeden
Fall empfehlenswert.