Manesse |
REZENSION
TANIA BLIXEN
JENSEITS VON AFRIKA
„Ich hatte eine Farm in Afrika am Fuße der Ngong-Berge.“ Wer
kennt ihn nicht, den ersten Satz des Films über das Leben der Baronin von
Blixen in Kenia. Auch das vorliegende Buch beginnt damit. Es ist die Übersetzung
des dänischen Originals „De afrikanske Farm“ auf Deutsch „Jenseits von Afrika“.
Karen-Tania Dinesen, geboren 1885, wächst in der Nähe von
Kopenhagen auf. Mal nennt sie sich Tania, dann wieder Karen. Weil sie ihre Liebe
in Dänemark nicht heiraten kann, begnügt sie sich mit dem Zwillingsbruder Bror,
reist im Dezember 1913 nach Kenia und wird Anfang 1914 Baronin von
Blixen-Finecke. Die Ehe wird 1925 geschieden, aber Karen-Tania betreibt die
gekaufte Kaffeefarm weiter. Obwohl die Lage an den Ngong-Bergen eigentlich zu
hoch ist, wird Kaffee angebaut und daran festgehalten, mit mal mehr und mal
weniger Erfolg. Die vielen Missernten, die verschwenderischen Ausgaben von Ehemann
Bror und andere Umstände führen dazu, dass die Farm verkauft werden muss und
Karen-Tania Blixen 1931 nach Dänemark zurückkehrt.
Der 1. Weltkrieg ist ausgebrochen und in Kenia stehen
sich Briten und Deutsche gegenüber, doch es sind die einheimischen Afrikaner,
die als Kanonenfutter vorgeschickt werden. Doch davon erfährt der Leser nur
indirekt.
Im Buch reihen sich Geschichten, die teils in Kenia und
teil als Erinnerung in Dänemark verfasst wurden, aneinander. Mal ist man „mitten
im Geschehen“, dann merkt man beim Lesen schon den Abstand zu den beschriebenen
Ereignissen. Etliche Szenen, die in der Verfilmung groß dargestellt werden, sind im Buch nur beiläufig
erwähnt, wie der große Brand der „Kaffeemühle“.
Vieles andere fehlt im Film, was das Buch sehr lesenswert
macht: Da gibt es die Frauen des somalischen Dieners Farah, zu denen sich Tania
Blixen besonders hingezogen fühlte, die Auseinandersetzungen der Kikuyu auf der
Farm, der Junge Kamante, der nach einem Krankenhausaufenthalt zum Christen
wurde und viele andere.
Interessant sind ebenso die Beschreibungen über die
Massai, die Kikuyu, die verschiedenen Leute, die zeitweise auf der Farm lebten
oder sie besuchten, wie der alte Knudsen, ein Däne, der in Nordschweden als Köhler
arbeitete und auf die Idee kam, den Indern in Nairobi Holzkohle zu verkaufen.
Einige Erzählungen sind kurz und wirken eher wie Randnotizen
oder flüchtige Gedanken.
Tania Blixen schreibt als Frau ihrer Zeit und gebraucht
Ausdrücke, die heute nicht mehr üblich sind (Negermädchen). Für heutige Leser
scheinen manche Passagen diskriminierend und rassistisch („Was ich vom Wild
gelernt hatte, konnte ich im Umgang mit den Eingeborenen anwenden.“), für die
damalige Zeit im ersten Weltkrieg und danach aber normal, denn die Länder
Afrikas waren noch fest in weißer Hand mit all ihren negativen
kolonialistischen Auswirkungen.
Obwohl sich Tania Blixen sehr für „ihre“ Kikuyu einsetzte
und die Massai, Somali („Was mich betrifft, so habe ich die Eingeborenen, die ich
in Afrika antraf vom ersten Tage an geliebt.“ … „Die Begegnung mit den dunklen
Leuten war für mich ein Erlebnis wie für Kolumbus die Entdeckung Amerikas und
in gleicher Weise eine Erweiterung meiner gesamten Welt.“) sowie die anderen
Besucher und vorübergehende Gäste der Farm mit Respekt behandelt, findet sie
doch keinen rechten Zugang zu ihnen. Sie versucht sich in ihre Mitbewohner und
Mitmenschen hineinzuversetzen, um sie besser zu verstehen, was ihr aber kaum
gelingt. Doch mit der Zeit „entwickelte sich aus meiner Bekanntschaft mit den Eingeborenen
(auf der Farm und bei Jagdexpeditionen) allmählich eine gewohnheitsmäßige,
persönliche Beziehung. Wir wurden gute Freunde“ schreibt die Baronin.
Und diese Freundschaft und dadurch der persönlichere
Einblick, den ihr die Kenianer gewähren, den Tania Blixen im Buch festhält,
macht die Lektüre besonders lesenswert, denn oft weicht der Blick vom
Oberflächlichen ab und man erfährt als Leser viel mehr über Land und Leute, Gefühle,
Schmerz, Heiterkeit und Tod.
Erst nach über 250 Seiten werden im Kapitel „Gäste auf
der Farm“ Weiße vorgestellt. Die Beziehung zu Denys Finch Hatton, die von 1918
bis 1929 dauerte, im Film ein Schwerpunkt, wird im Buch eher beiläufig
beschrieben. Erst als er 1931 stirbt, nach zweijähriger Trennung von Tania Blixen, schreibt sie mehr über ihn und
beschreibt die Umstände seiner Beerdigung auf den Ngong-Bergen.
Kaum eine Erwähnung findet ihr Mann Bror.
1931 kehrt Baronin Blixen-Finecke nach Dänemark zurück
und bleibt dort bis zu ihrem Tod 1962.
Am Ende des Buches befinden sich das Inhaltsverzeichnis,
eine editorische Notiz und das Nachwort von Ulrike Draesner.
Fazit:
Diese Neuübersetzung von Gisela Peret aus dem Manesse
Verlag von 2017 ist einmal mehr ein Buchkunsthandwerk deutscher Qualität, trotz
des kleinen, aber handlichen Formats gut zu lesen und passt in jede Handtasche.
Wer sich nach Afrika bzw. nach Kenia träumen will hat mit
diesem Buch einen interessanten, aber melancholischen Reisebegleiter des frühen
20. Jahrhunderts, der die Natur und die Situation von damals gut beschreibt.
Sehr empfehlenswert
zum Angebot