Montag, 13. April 2020

Rezension: Afrika, Der lachende Kontinent

Terra Mater
Rezension

BERND  DÖRRIES 


DER  LACHENDE  KONTINENT    

Der Journalist Bernd Dörries arbeitet für die Süddeutsche Zeitung von Kapstadt aus. Er berichtet seit drei Jahren über Länder südlich der Sahara und erzählt in diesem Buch über seine Reisen in 34 Länder Afrikas südlich der Sahara. Das bedeutet, dass seine Beiträge aktuell sind und die Ereignisse in der jetzigen Zeit stattfinden. Eine Portion Humor fehlt nicht in diesem persönlichen Rahmen der Berichterstattung. Und, was ganz wichtig ist, das Geschriebene hebt sich erfrischend von den vielen anderen Büchern über Afrika ab, in denen es nur um die Darstellung von negativen Schlagwörtern geht, die ständig wiederholt werden.

Der Inhalt ist nicht chronologisch gegliedert sondern die Berichte richten sich nach dem Länder-Alphabet, beginnend mit Angola und endend mit Uganda. Die Beträge sind unterschiedlich lang. Für eine bessere Übersicht ist jedem Kapitel eine Afrikakarte mit der Lage des jeweiligen Landes vorangestellt.

Auf der ersten Seite eines Kapitels steht neben dem Kartenausschnitt eine kurze Übersicht des Landes, was dem Autor wichtig ist, wie zum Beispiel die Anzahl der chinesischen Restaurants, die für ihn die Aktivität Chinas „in dem jeweiligen Staat“ aufzeigt. Das sind unter anderem 1 chinesisches Restaurant in Eritrea (39 Millionen Einwohner), 3 in Äquatorialguinea (1 Mio. Einw.) (und wer kennt schon Äquatorialguinea in Deutschland), mehr als 20 in Uganda (39 Mio. Einw.), 130 auf Mauritius (1 Mio. Einw.), mehrere Hundert in Südafrika (58 Mio. Einw.) „zu viele, um sie zu zählen“ in Nigeria (194 Mio. Einw.) und „ein ganzes chinesisches Viertel in dem chinesische Arbeiter wohnen“ im Sudan (42 Mio. Einw.) und das genau in den Ländern, die sehr viele Bodenschätze und andere Reichtümer besitzen und die chinesischen Begehrlichkeiten und Interessen widerspiegeln.
Interessant für Bernd Dörries sind auch die köstlichen Nationalgerichte und „was man gesehen haben sollte“.

Ein besonders spannender Punkt ist der, „worüber das Land gerade redet“, also was den Bewohnern wichtig ist: Das wäre zum Beispiel in Botswana die Frage, ob bald wieder Elefanten gejagt werden dürfen, ob der „neue Präsident in der DR Kongo, Felix Tshisehedi auch einen Wandel  bringt“, ob in Gabun der Präsident Ali Bongo noch lebt oder durch einen Doppelgänger ersetzt wurde, Uganda überlegt, ob der nächste Präsident der bekannte Rapper Bobiwine wird und Sambia fragt sich, ob es bald von China regiert wird. In Namibia fragen sich die Herero und Nama, wann „sich Deutschland offiziell für die Verbrechen der Vergangenheit entschuldigt.“
In Mali reden die Leute über die Islamisten, die sie „loswerden wollen“, The Gambia, die Republik Kongo und Mosambik hoffen auf neue Brücken. Togo, Kenia und Ghana reden über Fußball, Liberia und die Elfenbeinküste rätseln, ob Fußballer Präsidenten werden können und in Eritrea fragt man sich, wann es endlich schnelleres Internet gibt, also viele Fragen, die sich auch Deutsche stellen.

In Benin trifft Bernd Dörries seinen afrikanischen Freund aus der gemeinsamen Zeit im Kindergarten wieder. In Ghana besucht er Sammy Kuffour, der lange bei Bayern München gespielt hat und nach Accra zurückgekehrt ist. So ganz glücklich scheint er nicht zu sein. In Malawi ruft ihm ein Mann „Bielefeld, Bielefeld“ zu, auf die Frage wohin die Zierfische des Malawi-Sees exportiert werden. Und auch in Malawi stehen die Leute freiwillig Schlange für eine Masern-Impfung und lachen laut, als der Autor von impfmüden Deutschen erzählt. Malawi hat 2010 genügend traurige Erfahrung machen müssen, als fast Übernacht 120.000 Menschen an Masern erkrankten und 300 Tote zu beklagen waren.

In Botswana ist die Krankenversicherung gratis, Simbabwe hat Afrikas beste Wasserballmannschaften und Nigeria die weltbesten Scrabble-Spieler. So erfahren wir viel Neues, Alltägliches und erkennen, dass Afrikaner gar nicht so anders sind als wir und dass sie gern lachen. Allerdings bemerkt der Autor erst spät, dass die Äthiopier ihn auslachen, als er über die alte „Pferderennbahn“ schleicht, weil ihm bei 2700 Höhenmeter die Luft schneller ausgeht als den Äthiopiern, die trainieren und sich durch das Laufen ein besseres Leben erhoffen.

Und es gibt noch mehr Bemerkenswertes zu entdecken…

Fazit
Bernd Dörries schildert seine Erfahrungen und Erlebnisse als Journalist, der von Südafrika aus in weitere afrikanische Länder reist. Die Beiträge sind Momentaufnahmen, Begegnungen und Ereignisse, die passiert sind, als er in diesem Augenblick vor Ort war. In den meisten Berichten werden aktuelle, politische und geschichtliche Ereignisse nebeneinander beschrieben.
Man sollte seine Berichte nicht verallgemeinern. Einige Tage später könnten andere Situationen andere Berichte hervorbringen. Zum Verständnis dieses Buches ist dies wichtig zu wissen.
Ein sehr empfehlenswertes Buch, spannend mit Gefühl und Humor aus der persönlichen Sicht geschrieben, lehrreich, aktuell und informativ. Unbedingt lesenswert!