Weidle |
ISABELA FIGUEIREDO
ROTER STAUB
Dass Kolonien von ihren Besatzern „gut“ behandelt werden, ist von jeher eine Erfindung der Besatzer und trifft auch für Portugal zu.
Isabela Figueiredo lebt mit ihren Eltern in Mosambik. Ihr
Vater, ein Elektriker, arbeitet mit seinen mosambikanischen Angestellten („die
Neger meines Vaters…“, S.43), die er als „bevorzugter“ Weißer schikaniert und
schlecht behandelt. Obwohl die Tochter von klein auf mitbekommt, wie sich ihr
Vater verhält, liebt sie ihn und lebt auch später mit dem Zwiespalt. Sie
erzählt aus der Sicht eines „unschuldigen“ Kindes und dadurch schildert sie die
Tatsachen, die sie sieht und hört vielleicht direkter und nüchterner als ein
Erwachsener.
Diese Zeit bis 1975
ist die Endphase der portugiesischen Kolonisation in Mosambik. Bis zu
ihrem 12. Lebensjahr lebt Isabela Figueiredo in Lourenço Marques, den neuen
Namen der Hauptstadt Maputo bringt sie nur schwer über die Lippen.
Ein typischer Absatz für das Denken der Weißen im
Allgemeinen und hier der Portugiesen ist beispielgebend zitiert: „Ein Weißer
und ein Neger zählen nicht nur zu verschiedenen Rassen. Die Entfernung zwischen
Weißen und Negern glich der, die zwischen verschiedenen Spezies besteht. Sie
waren Neger, Tiere. Wir waren Weiße, also Menschen, rationale Wesen….“
„Manjacaze, komm mal nach oben, wir haben etwas für dich.
Vielen Dank, Senhora. Stets ein gutes Wort. Manjacaze half mir, an die
menschliche Spezies zu glauben, an Menschen, die trotz ihrer Demütigung
innerhalb der Hierarchie ihre Würde hochhielten und sie als unsichtbaren,
geheiligten Besitz betrachteten.“ (S. 41) Dies ist ein weiteres Beispiel für
die Beobachtungen, die Isabela rückwirkend feststellen musste - die Würde hochhalten.
Isabela sah immer mehr die Ungerechtigkeiten, die
Ausbeutung der Mosambikaner, die Bereicherung und Bevormundung durch die
Portugiesen und mit der Zeit hatte sie Mitleid. Sie bemerkte als Kind die
Ungerechtigkeiten und stellte sich auf die Seite der unschuldigen
Benachteiligten. „Ich mochte keine Ringe. Die Neger hatten doch auch keine.“
(S. 47)
Sie beschreibt Stereotype, die leider in Europa bis heute
das Bild von Afrikanern verzerren. Zum Beispiel als sie ihren Vater begleitet,
der einen Arbeiter sucht, zur Rede stellt, verprügelt und vor seiner Familie
erniedrigt, und dann als „großzügiger, guter Weißer“ der Ehefrau Geld zusteckt,
damit sie ihren Kindern etwas zu essen geben kann, (weil ihr Ehemann es ja nicht
kann). (S. 53) Erschüttert erkennt Isabela ihren Vater nicht mehr wieder,
„dieser Mann ist nicht mein Vater“ (S. 56). Auf der anderen Seite beschreibt
sie den liebevollen Vater, der mit ihr spazieren geht und ein weißes Hemd
trägt.
Isabelas Vater beauftragte sie in Portugal von dem zu
erzählen, was seiner Meinung nach „die Neger den Weißen antun“, aber sie tat es
nicht. Sie schrieb dieses Buch.
Fazit
Der Anfang des Buches ist etwas derb dargestellt, vor
allem, wenn das Geschriebene von einem Kind gedacht werden soll. Hat man sich durch
diese Seiten durchgearbeitet, versteht man den Anfang besser. Mittelpunkt des
Geschehens ist der Vater. „Er lebte gern, hatte vor nichts Angst. Mit ihm war
alles möglich.“ Der Vater ist das Vorbild bis zu einem gewissen Punkt.
Allmählich begreift die Tochter das Verhalten des Vaters und beginnt dieses
Verhalten zu hinterfragen.
Als Isabela Figueiredo Mosambik verlässt war dies die
letzte Gelegenheit vor dem endgültigen Ende der portugiesischen Kolonialzeit.
Die Eltern kommen erst zehn Jahre später nach. Aber dieser Teil ist nicht mehr
Gegenstand des Buches.
Ein bemerkenswerter und viel beachteter Bericht, der
bereits in der 9. Auflage erschienen ist.
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