Freitag, 8. November 2013

Rezension: Sinusbögen überm Kongo

Sinusbögen überm Kongo
Rezension

In Koli Jean Bofane

Sinusbögen überm Kongo

Der Roman von In Koli Jean Bofane beschreibt die Politik und das Leben in der „Demokratischen“ Republik Kongo im 21. Jahrhundert, „in einem Land, das die Korruption zum Regierungsstil erhoben hatte“, wie in so vielen anderen Ländern. Jede „Drohung, diese öffentliche Ordnung zu stören“ wird vom Präsidenten mit Geld unterdrückt oder mit Gewalt. Das Spiel zwischen Oppositionsführer Makanda Rachidi und der Regierung hat bisher ganz gut funktioniert, er verdiente nicht schlecht dabei, doch bei der Demonstration vor ein paar Tagen, kam ein Freund von Celio, dem Protagonisten dieses Romans, ums Leben. Celio Matemona und seine Freunde sind ein Teil der Zivilbevölkerung, die seit einiger Zeit nicht mehr alles hinnimmt und durch die „Errungenschaften der Moderne“ wie Zeitung, Radio, Fernsehen und Internet immer besser informiert ist und sich mehr und mehr durchsetzt....

Immer stärker werden Neuwahlen gefordert; eine Gefahr für Makanda Rachidi, der mit seiner Demonstration für Demokratie nur vorgibt eine Opposition zu sein, und seinen Gegenspieler und früheren Schulkameraden Gonzague Tshilombo, der Chef des Informations- und Planungsbüros (BÜRO), das direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Tshilombo inszeniert zusammen mit dem Militär, Bamba Togbia in der Person des Stabsfeldwebels, den Vorfall, um der Opposition zu schaden, doch Makanda nutzt diesen und verbucht die Schlagzeilen „Das Blut der Märtyrer für die Demokratie. Die Staatsgewalt hat wieder zugeschlagen“ als Erfolg für sich und seine Partei, der Neuen Demokratie. Demokratie, die die Zivilbevölkerung aber tatsächlich durchsetzen will. Der Hunger treibt sie dazu.

Zur Zeit ist im Kongo alles vorübergehend: die Regierung, die Institutionen, das Gewissen der Menschen. Darauf baut Tshilombo, dass die Zivilbevölkerung schnell vergisst.
Doch da gibt es Celio, Matemona, von seinen Freunden Celio Mathematix genannt. Als bei einem Überfall von Rebellen die Eltern und seine Schwester ermordet werden, wird der Junge Vollwaise. Was ihm von seinem Vater bleibt, ist ein Mathematikbuch, in das er sich vertieft und die Formeln und Sätze so in sich aufnimmt, dass er nur noch in Formeln und mathematischen Verknüpfungen denkt. Diese Fähigkeit imponiert seinen Freunden in Kinshasa, der Hauptstadt, ganz im Westen des riesigen Landes, und eines Tages bringt der Zufall es mit sich, dass sich die Wege von Celio und Tshilombo kreuzen.

Nun wird auch Celio ein Rädchen in der Korruptionsmaschinerie und genießt es, Macht, Einfluss und Geld zu besitzen. Doch nach und nach entdeckt er die Machenschaften des BÜROs, die wahre Geschichte des Todes seines Freundes Baestro und die Tagebücher des Stabsfeldwebels Bamba. Wie wird er damit umgehen?
Im enger wird die Schlinge, die der Autor um Makanda, Tshilombo und Bamba gelegt hat.

Autor:
In Koli Jean Bofane ist 1954 in Mbandaka (DR Kongo) geboren, lebte bis 1983 sowohl in Europa als auch in Afrika. Er studierte Kommunikationswissenschaften und arbeitete in der Werbebranche. 1991 gründete er einen Verlag für Comics und Essays. 1993 flüchtete er vor dem kongolesischen Bürgerkrieg nach Belgien. Dort schrieb er u. a. die Diktatoren-Persiflage „Pourquoi le lion n’est plus le roi des animaux“ sowie „Bibi et les canards“ zum Thema Migration, bevor 2008 „Mathématiques congolaises“ erschienen ist. In Koli Jean Bofane wurde 2008 ausgezeichnet mit dem „Prix Jean Muno“, dem „Prix littéraire de la SCAM 2009“ und mit dem „Grand Prix littéraire de l’Afrique noir 2009“.


Fazit:
Ein überaus spannendes und interessantes Buch über Korruption, Darstellung der Macht, Provokation und Manipulation der Medien im Kongo. So weit, dass es die hungrige Bevölkerung kaum noch interessiert. Sie will ihre Neuwahlen, um dem ganzen Schlamassel ein Ende zu bereiten.
Der Beginn zieht sich ein wenig in die Länge, aber dann nimmt der Roman an Fahrt auf und wird immer spannender. Gut gelungen, manchmal etwas komisch, wirken diverse Szenen beim Hexer oder wenn Celio als Neuling im BÜRO ganz locker seine Ideen erklärt und Tshilombo das tut, was Celio vorträgt.  Bei Pater Ioanides Lolos, den Griechen, kommt Celio wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, bei seinen Freunden ist er der Held. Der Autor vergisst nicht, die afrikanischen Traditionen in die moderne Welt einzubinden, die der alte Isemanga mit seinem Verkaufswagen darstellt.

Im Epilog geht die Hoffnung in Erfüllung. Es werden Neuwahlen in der Demokratischen Republik Kongo abgehalten. Endlich. Die Geschehnisse des Romans liegen schon ein paar Jahre zurück und so sind alle optimistisch, außer dem alten Isemanga, der an der Wahl zweifelt und meint, dass die Ahnen befragt werden und man eingeweiht sein muss, um zu wissen, welche Rechte und Pflichten ein Amt mit sich bringt. Und Celio? Der hatte eine Weile gezögert, aber sich dann doch entschlossen, zu kandidieren.


Doch dazwischen liegen gefährliche und tödliche Abenteuer, die den Roman äußerst lesenswert machen. Ein gelungenes Buch, das viele Facetten der heutigen modernen, afrikanischen Länder zeigt, in einer leichten Sprache sehr gut geschrieben. Unbedingt empfehlenswert. (B.Agada)


In Koli Jean Bofane
Sinusbögen überm Kongo
Hardcover mit Schutzumschlag
344 Seiten, Format 19 x 12 cm
1.Auflage 2013
Preis: Euro 19,90   Buch kaufen