Theiss, Karten! |
Rezension
SIMON GARFIELD
KARTEN!
Ein Buch über Entdecker, geniale Kartografen und Berge, die es nie gab
Wer Karten liebt, wird dieses Buch nicht so schnell aus
der Hand legen und es geradezu verschlingen. Der britische Journalist Simon Garfield
zeichnet den Weg der ersten Landkarten,
Stadtpläne über Reiseführer bis zu GPS und Karten im Internet nach. In
22 Kapiteln beschreibt der Autor die Geschichte der Landkarten und ihrer
Kartografen. Kartenausschnitte und Karten bereichern die unterhaltsamen Texte.
Im Vorwort schreibt Dava Sobel, dass der Originaltitel
„On the map“ im Englischen zwei Bedeutungen hat: erstens „sich mit der
Entwicklung der Kartografie im Laufe der Geschichte und innerhalb
unterschiedlicher Kulturen zu beschäftigen“ und zweitens „bekannt und etabliert
zu sein“.
In der Einleitung geht es um eine Karte, die gar nicht
von Kartografen gezeichnet wurde, sondern „die sich selbst erschuf“. Wie soll
man sich dies vorstellen? Es ist eine Karte aus dem Jahr 2010, die etwa 500 Millionen
Facebook-Nutzer auf der ganzen Welt zeigt, die gleichzeitig online waren und
ihre Standorte zeichneten die Kontinente nach.
Spannende Geschichten um die Entstehung von Karten
Anaximander von Milet entwarf im 6. Jahrhundert vor
Christus eine Karte auf der oben Europa zu sehen ist und darunter teilen sich
Libya (Afrika) und Asia die Landmasse. Pythagoras stellte bereits im 5.
Jahrhundert v. Chr. fest, dass die Erde eine Kugel sein müsse. Eratosthenes
zeichnete 194 v. Chr. eine Karte, die bereits die Vorläufer der Längen- und
Breitengrade enthielt und durch Beobachtung und Berechnung konnte er ziemlich
genau den Erdumfang von 40000 km angeben. Eine immense Leistung zu dieser Zeit
! Der „erste moderne Kartograf“ war Claudius Ptolemäus, der um 140 n. Chr.
einen „beschreibenden Atlas“ schuf, mit dem später Christopher Columbus 1492 in
See stach.
Seit 1595 kennen wir dank Gerardus Mercator das Wort Atlas für eine Kartensammlung in Buchform und seine berühmte Weltkarte entstand 1569, die wir noch heute benutzen, obwohl sie die Kontinente verzerrt und Teile zu groß andere zu klein darstellt.
Dann gab es Zeiten, in denen Karten oben nach Osten
zeigten, anstatt nach Norden - daher der Name Orientierung - wie die um 1290
entstandene „Mappa mundi“, die beinahe verkauft wurde, um das Dach einer
renovierungsbedürftigen Kathedrale in Hereford in England zu finanzieren.
Eine, eigentlich simpel gezeichnete Karte mit Umrissen der
Erdteile Europa, Afrika und Asien erregte in Amerika Aufsehen. Ist die Karte
echt oder eine gekonnte Fälschung ? Wurde Vinland nachträglich eingezeichnet ?
Simon Garfield lüftet das Geheimnis. Hartnäckig hielt sich die Behauptung, dass
in Westafrika die Kong-Berge unüberwindbar seien, aber in Wirklichkeit gibt es
sie gar nicht.
„Karten faszinieren uns, weil sie Geschichten erzählen“ von Reisenden, Entdeckern, Händlern, Dieben und Betrügern. Die unterschiedlichsten Karten finden in diesem Buch Erwähnung - Schatzkarten, Stadtpläne, U-Bahnpläne, Karten in Reiseführern, Karten als Spiele und Karten im Internet. Diese Karten stehen für ein Kapitel oder eine Geschichte zu Menschen, die mit Karten etwas zu tun haben.
Kennen Sie die berühmteste Karte der Welt ? Sie wurde von
Henry Beck gezeichnet. Ohne ihn wäre U-Bahn fahren nicht so einfach. Er
zeichnete den ersten U-Bahn-Plan von London, der wohl Vorbild für die meisten
U-Bahnpläne in der Welt ist, denn er vereinfachte die Kartendarstellung.
Einen „Baedeker“ kennt wohl jeder Reisende, der eine
Studienreise plant. Auch ihm und seinem Kollegen Murray widmet der Autor ein
interessantes Kapitel, nämlich die „Geschichte des Reiseführers“, natürlich mit
Karten.
Auch in Kinofilmen werden immer wieder Karten gezeigt,
zum Beispiel im Filmklassiker „Casablanca“ mit Humphrey Bogart und Ingrid
Bergmann zu Beginn eine Karte von Afrika, den Abenteuerfilmen von Indiana Jones
oder bei den Harry-Potter-Filmen die „Karte des Rumtreibers“.
Stimmt es wirklich, dass Frauen keine Karten lesen können
? Auch auf diese Frage gibt es eine Antwort im Buch.
Autor:
Simon Garfield ist Journalist und Autor zahlreicher
Sachbücher. Er schreibt u.a. für die BBC, The Independent und The Observer.
Seine Wohnorte sind London oder Cornwall.
Fazit:
Ein ansprechendes Buch, nicht nur für
Kartenliebhaber. Die Geschichten, die zur Entstehung einer Karte führten, sind ebenso fesselnd zu lesen. Abwechslungsreich führt der Autor durch die
Geschichte der unterschiedlichsten Kartendarstellungen.
Die Sprache ist spannend und humorvoll, die Texte sind gut zu
lesen. Rundherum ein gelungenes Werk und sehr empfehlenswert.
Simon Garfield
Karten!
Gebunden mit Schutzumschlag
Format 14,5 x 21,7 cm
520 Seiten mit rund 130 schwarz/weiß-Abbildungen
1. Auflage 2014