Mittwoch, 12. August 2015

Rezension: Arabische Medien

Arabische Medien
Rezension

Asiem el-Difraoui, Carola Richter

ARABISCHE  MEDIEN  

Dieses Buch gibt einen interessanten Einblick in die Medienlandschaft der unterschiedlichsten arabischen und maghrebinischen Länder. In Nordafrika und im Nahen Osten leben über 300 Millionen Menschen, damit eine vergleichbare Zahl möglicher Zeitungsleser, Fernsehzuschauer oder Internetnutzer wie in Europa, allerdings mit ungleich schwierigeren Nutzungsbedingungen.

Zum ersten Mal werden die Mediensysteme insgesamt betrachtet und „in Zusammenhang mit historischen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen gebracht und inner-regional verglichen“.

In der Einführung wird erklärt, wie das Fachbuch aufgebaut ist. Im ersten Teil werden transnationale Themen betrachtet. Dabei wird zuerst auf die Geschichte der arabischen Massenmedien von 1860 bis 1950 eingegangen. Danach setzt die Unabhängigkeit für die meisten Länder ein.

Transnationales Satellitenfernsehen wie al-Jazeera sendete Bilder, Nachrichten und Diskussionen in die ganze arabische und nordafrikanische Welt und vom Nahen Osten in europäische Haushalte. Zum ersten Mal in der arabischen Geschichte konnten Meinungen und Begebenheiten in Jordanien auch in Marokko gesehen werden.

Auswirkungen und Möglichkeiten zur Nutzung sozialer Netzwerke, sowie der politischen Rolle von Facebook oder Twitter wird ein Kapitel gewidmet. Wie sich die Mediatisierung in der arabischen Welt auf den Alltag auswirkt zeigen Beispiele, wie Facebook oder Twitter im Privaten, z.B. in Marokko zwischen Familien, die teilweise in Frankreich leben, genutzt werden.

Ein weiteres Kapitel setzt sich mit der „Darstellung von Geschlecht“ und die „Teilhabe der Geschlechter an der Medienproduktion“ auseinander. Frauen haben seit Beginn der Mediengeschichte aktiv daran teilgenommen. Es entstanden Frauenzeitschriften, die nicht nur die Mode oder Haushaltsführung zum Thema hatten, sondern auch Reiseberichte, Biographien, Nachrichten und philosophische Artikel. Später kamen Debatten über Frauenrechte und allgemeine Gesellschaftsthemen dazu. Heute sitzen Frauen und Männer gemeinsam im Studio und übermitteln, z.B. bei al-Jazeera die Nachrichten und Interviews zu aktuellen Themen. Dabei werden sie angehalten, konforme Kleidung zu tragen, das sich wiederum auf die Kleidung der Zuschauenden auswirken soll.

Im Kapitel Medien und Minderheiten werden drei Länder, die für weitere stehen, als Beispiele herausgestellt. Dabei wird die Nutzung der Medien von Kopten in Ägypten, Imazighen in Marokko und Kurden im Irak betrachtet und welche Ziele sie verfolgen, bereits erreicht haben und auf welche Schwierigkeiten sie stoßen.

Wie das Internet heute durch islamistische Medien missbraucht wird, zeigt das überaus aktuelle Thema „Vom Wahhabismus über die Muslimbrüder zum Cyber-Dschihad“.

Alle Kapitel enthalten ein zusammenfassendes Fazit und eine Literaturliste.

Im zweiten Teil werden 18 Länder im Einzelnen und ihre Besonderheiten in der Medienlandschaft vorgestellt, darunter die 6 Länder Nordafrikas (Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko, Sudan, Tunesien) und 12 Länder im Nahen Osten (Bahrain, Irak, Jemen, Jordanien, Kuwait, Libanon, Oman, Palästina, Qatar, Saudi-Arabien, Syrien, Vereinigte Arabische Emirate).

Allen Ländern wird ein historischer Rückblick vorangestellt, um dann die „Gesellschaftlichen Verhältnisse“, die „politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen“, „Ökonomischer Kontext“ und „Technologische Infrastruktur“ zu beschreiben. Ein Ausblick und Literaturhinweise stehen am Ende jeden Kapitels.

Am Ende werden alle Autoren und ihre Tätigkeiten vorgestellt.

Autoren:
Mitherausgeber Asiem el-Difraoui ist den deutschen Fernsehzuschauern als klarer Analytiker der politischen Vorkommnisse im Nahen Osten ein Begriff. Er und 21 Kollegen, darunter Daniel Gerlach, Herausgeber der Zeitschrift Zenith und Journalisten aus Jemen und Libanon, haben Politikwissenschaften, Arabistik, Orientalistik, Islamwissenschaften, Ethnologie, Soziologie, Psychologie und Medienwissenschaften studiert und sind in der  Forschung tätig.


Fazit:
Dieses sehr interessante Buch empfiehlt sich für alle, die sich über die Medien in arabischen und nordafrikanischen Ländern informieren wollen, Studenten wie Journalisten. Gerade der zweite Teil gibt gute Einblicke in die Medien der einzelnen Länder und diese tragen zum Verständnis über die politische Rolle der Zeitungen oder Fernsehsendungen bei. Durch das Satellitenfernsehen haben die Menschen in Nordafrika und im Nahen Osten die Möglichkeit sich auch europäische oder amerikanische Sender anzusehen und können sich ihre eigene Meinung über die Informationen bilden oder vice versa, wenn sich Europäer al-Djaziera o.ä. andere ansehen, zumal die europäischen Medien zunehmend einseitiger berichten. Für weiterführende Arbeiten können die, in den Kapiteln angegebenen Zeitungen, von den Interessenten über Internet aufgerufen werden und oft gibt es französische oder englische Ausgaben von Internetzeitungen.
Das Buch zeigt auf diese Weise die heutige Vernetzung der Welt über die Medien, wie sie genutzt und missbraucht wird. Man tut gut daran, sich vielfältig zu informieren und mit Hilfe der Zeitungstitel oder Namen der Fernsehsender in diesem Buch gelingt dies leichter. Man kann sich für die sicher nicht immer einfache Recherchetätigkeit bei den Autoren vielmals bedanken.