Azahru Wer den Weg verliert |
Richard Mackenrodt
AZAHRU - Wer den Weg verliert
In den 1930er Jahren fährt ein deutsches Ehepaar, er Ethnologe und sie Malerin und Tochter eines Porzellanfabrikanten in die Ténéré nach Nordniger, um für die Doktorarbeit des Mannes die bis dahin in Deutschland wenig bekannten Imajeren (Tuareg in Niger und Mali) zu studieren.
Ein Wörterbuch und
zwei Babys
Sie treffen relativ schnell eine größere Gruppe, die sie
als Gäste akzeptieren und damit sie sich besser verstehen, fängt der Mann an,
ein Wörterbuch Tamaschek - Deutsch zu erstellen. Da Zeit für sie keine Rolle
spielt, bleibt das Ehepaar so lange bei den Imajeren bis diese in die Air-Berge
wandern, um ihre Salzkarawanen vorzubereiten. Die Frau des Amenokal erwartet
ein Kind und einige Zeit später bringt auch die Deutsche ein Kind zur Welt,
doch sie stirbt bei der Geburt.
Der zweite Weltkrieg
kommt in die Sahara
Inzwischen ist in Europa der Zweite Weltkrieg
ausgebrochen und so sieht der Ethnologe kaum Veranlassung, die Sahara zu
verlassen und bleibt mit dem Baby im Niger. Zum Verhängnis wird für ihn ein
Brief, den er seinem Schwiegervater schickt. Als dessen Neffe vom Schicksal
seiner Cousine erfährt, schmiedet er Pläne, wie er die Fabrik seines Onkels
erben könnte, auf die er schon so lange spekuliert. Nun war die Tochter zwar
tot, aber ein Enkel und Erbe lebt. Mit allen Mitteln versucht er dies zu ändern
und macht sich, inzwischen bei der SS, auf den Weg in die Sahara, um das Kind
zu suchen und sich dieses Widersachers zu entledigen.
Ein brennendes
Zelt und zwei Tote
Vater und Sohn Leo leben einige Jahre an der Seite der
Imajeren. Eine junge Frau hilft dem Vater, der mit seinen Studien gut vorankommt.
Er schreibt sehr viel über die Lebensweise der Tuareg und auch weiter an seinem
Wörterbuch, bis die Imajeren eines Tages feststellen, dass es doch eigentlich
Zeit für eine Hochzeit der beiden sei. Leos Vater getraut sich nicht zu fragen,
nach dem seine Frau erst vor ein paar Jahren gestorben war, doch nun will er
seinen Mut zusammennehmen, da passiert das Unglück. Eines Nachts werden beide am
Zelt überfallen und getötet. Leo kann sich gerade noch verstecken, doch er muss
die Tat mit ansehen und erleidet einen tiefen Schock. Er hört wie jemand auf
Deutsch seinen Namen ruft und nach ihm sucht. Das Zelt steht in Flammen wobei die Schriften
verlorengehen. Leo stürzt aus dem brennenden Zelt und läuft in die Ténéré
hinaus. Die Imajeren sehen die Flammen und rennen zum Zelt, aber sie finden den
Jungen nicht.
Aus Leo wird
Azahru
Der Amenokal und seine Familie nehmen Leo in die Gruppe
auf und geben ihm den Namen Azahru - weißer Löwe. Er wächst bei den Imajeren
auf und weiß nach seinem Schock von alldem noch nichts, bis eines Tages jemand
nach freiwilligen Soldaten für den Krieg gegen Deutschland sucht und dabei
zufällig den Jungen mit den blonden Haaren entdeckt. Er hört seinen deutschen
Namen wieder und langsam kommen die Erinnerungen zurück.
Nun droht ihm Gefahr, denn man will ihn töten, allerdings
weiß er nicht warum. Und dann erfährt Azahru, wer er wirklich ist und sein
bisher unbeschwertes Leben ändert sich schlagartig. Plötzlich wird er sich
seiner Fremdheit bewusst, er versteht nun, warum seine Schwester Dafinah und
Lassad sich immer ablehnend verhalten haben, alle wussten es, nur er nicht. Azahru
sieht sich nicht mehr als Targi, der mit der Salzkarawane unterwegs ist und der
Wüste trotzt und sein Leben wird für ihn kompliziert. Er verlässt die Sahara
und seine Lieben…. Wird er wiederkommen ?
Autor:
Richard Mackenrodt wurde 1963 in Stuttgart geboren und
ist ein erfolgreicher Drehbuchautor und freier Schriftsteller. Azahru ist sein
erster Roman, inzwischen kamen zwei weitere dazu: „Mein Leben davor“ und „Die
kleine Insel am Ende der Welt“.
Fazit:
Dieser Roman ist seit langem das erste Buch der Tuaregliteratur,
das wirklich gelungen ist und sehr gut geschrieben wurde.
Der Leser rutscht in die Geschichte hinein und wird ein
Teil der Imajerengruppe die mit der Salzkarawane zur Oase nach Fachi zieht,
Sandstürme und Regen in der Sahara auf dem Weg nach Kano im Norden Nigerias
überstehen muss.
Endlich mal wieder ein großartiger Roman, viel weniger
kitschig als die Bücher, die zu diesem Thema in den letzten Jahren erschienen
sind. Man merkt, dass ein erfahrener Drehbuchautor die Geschichte geschrieben hat, die Erzählstränge
werden an den richtigen Stellen unterbrochen, die Spannung wird gekonnt aufrechterhalten,
die Erzählsprache ist flüssig, man kann sich in die Figur des Azahru hineinversetzen
und fühlt sich plötzlich mitten drin, in den Sanddünen der Ténéré.
Vielen Dank dem Autor Richard Mackenrodt für diesen sehr
empfehlenswerten und gelungenen Roman, der unbedingt gelesen werden sollte.
Bis auf ein paar Kleinigkeiten (Gläser Tee statt Tassen
und Tamariskennadeln statt große Blätter) und eine Abweichung, dass nämlich
Imajeren- bzw. Imuharväter ihre Töchter fast mehr noch als ihre Söhne lieben,
ist das Leben der Tuareg so dargestellt, wie es im Nordniger bis zum Ende der
1980er Jahre realistisch war.
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