Sonntag, 21. August 2016

Rezension: Mit Feuer und Schwert

Styria
Buchempfehlung

Hans-Joachim Löwer



Mit Feuer und Schwert    

Hans Joachim Löwer schildert in seinem neuen Buch „Mit Feuer und Schwert“ die Schicksale der Christen im heutigen Nahen Osten. Man sollte nicht vergessen, dass zu Beginn des Islam im 6. Jh. diese Gebiete von Christen, Juden, Zoroastriern und Menschen anderen Glaubensvorstellungen bevölkert waren und auch Araber, Jemeniten u.a. in Kirchen gingen. Leider wurde durch den Verlauf der Geschichte die Zahl der Christen immer kleiner, von einer deutlichen Mehrheit ist heute kaum noch etwas zu bemerken und zur Zeit nimmt die Zerstörung von Kirchen und des christlichen Lebens dramatisch zu.

Der Autor besuchte im letzten Jahr Städte und Gemeinden in Ägypten, Irak, Israel, Libanon, Palästina, Syrien, Türkei und erlebte erschütternde Berichte über Christenverfolgung, zerstörte Kirchen und das Leiden der Menschen.
In 30 Kapiteln stellt er nicht nur die Menschen sondern auch die einzelnen christlichen Gruppen in einem Info-Kasten vor, darunter die Kopten, Nestorianer, Rum-Orthodoxe, katholische Kopten, syrisch-orthodoxe und syrische Christen, Maroniten u.a.

„Weshalb eine Bibliothek in Tripoli in Brand gesetzt wird, wie Kirchen in Syrien in Trümmer sinken, wie ein aufgepeitschter Mob in Ägypten Jagd auf Christen macht, wie ein Priester in Bagdad von Milizen gefoltert wird, wie radikale Juden in Jerusalem auf Kirchenmänner losgehen, weshalb Christen den Geburtsort Christi verlassen, weshalb eine Schule in Baalbek unter Feuer genommen wird, wie christliche Assyrer ihre Zukunft im Irak sehen, wie Christen und Muslime in Beirut aufeinander zugehen, wie Flüchtlinge in Irak sich nach der verlorenen Heimat sehnen, wie die sich Tochter eines Scheikhs in Baalbek gegen ihren Vater auflehnt“ sind einige Überschriften und machen deutlich, worum es in diesem Buch geht.

Ein aktuelles Thema ist der Völkermord an den christlichen Armeniern im Jahr 1915, zur selben Zeit wurden auch an die 300 000 Assyrer im Osmanischen Reich im Südosten der Türkei um den Van-See in Turabdin vernichtet. Auch im Irak wurden 1933 Tausende Assyrer ermordet. Christliche Assyrer oder auch Nestorianer gehören zu den Kirchen des Ostens. „Sie übersetzten Werke griechischer Wissenschaftler und Philosophen ins Arabische“ und lernten später Mathematik und Astronomie von Muslimen. Ihre Blütezeit war um 900 v. Chr. in Mesopotamien und ihre Nachkommen leben im heutigen Syrien, im Khabur-Tal, sie sprechen die Sprache Jesus,  das Aramäische.
Der „Islamische Staat“ wütete 3 Monate lang und zerstörte das Dorf Marbusnayeh oder auf Arabisch Tel Shamiran, mit 9 Kirchen. Die meisten Menschen sind geflohen.

Im kurdischen Gebiet des Irak leben seit 2014 rund 3,5 Millionen Flüchtlinge - Christen, Jesiden und Muslime in Camps und Notunterkünften. Sie flohen vor dem IS aus der Ebene von Ninive, selbst Peschmerga und Kirchenschützer verließen ihre Heimat, in der in der biblischen Zeit nach der Überlieferung der heilige Judas Thaddäus das Evangelium predigte.

Wie Muslime und Christen aufeinander zugehen zeigt ein Beispiel aus dem Libanon. In Beirut trifft der Autor auf Muslime, die als Staatsoberhaupt einen Christen akzeptieren. Hans-Joachim Löwer will  hier mit Muslimen über Christen reden und erfährt Erstaunliches.
Der schiitische Gelehrte hat ein „Religions- und Kulturforum für Entwicklung und Dialog“ gegründet, in dem 50 Geistige und Intellektuelle, Christen und Muslime über Freiheit, Menschenrechte, Beziehungen zwischen Sunniten und Schiiten, Beziehungen zwischen Muslime und Christen diskutieren.
Der sunnitische Generalsekretär für den „Islamischen Gipfel“ und das „Nationale Dialog-Komitee“  steht zwei Gremien vor, in denen religiöse Führer des Libanon, Sunniten, Schiiten, Alawiten und Drusen, öffentlich „jeden Zwang in religiösen Angelegenheiten“ verurteilen, Blasphemie ablehnen und Pluralismus fordern. Andersgläubigen Gotteslästerung vorzuwerfen ist ein „Abweichen von der Toleranz im Islam“. Der Nationale Dialog steht für die Akzeptanz von einem Christen als Präsidenten, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist und ist überzeugt, dass eine nationale Identität auf „Pluralität, Meinungs- und Religionsfreiheit“ basiert und dass diese Botschaft über den ganzen Nahen Osten verbreitet werden muss!

Fazit:
Ein äußerst wichtiges, aber auch ein erschütterndes Buch. Hans-Joachim Löwer fuhr in die Gebiete, aus denen die Menschen zu uns kommen. Hier kann man nachlesen und nachfühlen, um zu verstehen, was die Christen, Jesiden und auch Muslime dazu bewogen hat, ihre Heimat, nicht nur Syrien, auch Ägypten und andere Länder des Nahen Ostens schweren Herzens zu verlassen.
Vielleicht sieht man diese Menschen dann mit anderen Augen als  nur als „Flüchtlinge“ an.  
Viele Menschen, die in ihren Ländern ausharren und nicht fliehen, geben die Hoffnung nicht auf, dass ihre Landsleute wieder zurückkehren, wenn der Krieg beendet ist, aber viele glauben auch, dass die Hilfe nur aus dem Ausland kommen kann, um die Grausamkeiten zu beenden.

Dieses Buch ist ein sehr zu empfehlender Beitrag, auch für Leute, die sich als Ehrenamtliche für die geflohenen Menschen engagieren und vor allem für diejenigen, die die Flüchtlinge nur als Last oder ungebetene Ausländer abtun.