BÉNÉDICTE SAVOY
Geschichte einer postkolonialen Niederlage
Afrikas Kampf um seine Kunst
Hier finden Sie den von Bénédicte Savoy ausgefüllten
C.H.Beck-Fragenbogen 17aus63.
BÉNÉDICTE SAVOY
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C.H.Beck-Fragenbogen 17aus63.
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Bruckmann |
Im Süden um Salalah kommt man dem „Geheimnis des
Weihrauchs“ auf die Spur, sowie den neuesten Ausgrabungen von Al Baleed und
warum die Omanis so gern im Süden Urlaub machen.
Abgeschnitten vom Hauptland im Süden liegt die Halbinsel
Musandam, die noch zum Oman gehört und hauptsächlich über das Meer oder von den
Vereinten Arabischen Emiraten aus erreichbar ist. Die Autoren beschreiben eine
Hochzeit, die kurze Verbindung nach Iran
per Boot und erleben eine interessante Fahrt mit einer typischen Dau.
Manche Hotels wie das al Bustan, Grand Hyatt und Shangri-La werden in einem eigenen Kapitel beschrieben.
Interessant sind die farbig abgesetzten Spalten auf den rechten Seiten mit Hinweisen zu Museen, Hotels, Festivals, Besonderheiten des Landes und zum Einkaufen mit der entsprechenden Internetseite.
Die zehn Kapitel über Dubai und Abu Dhabi beschränken
sich auf die touristischen Highlights.
Die Autoren schildern ihre Eindrücke und Gespräche mit
Taxifahrern, Guides und dem vielleicht ältesten Mann der Welt und vermitteln
ein gutes Bild vom Alltag der Menschen. Sie treffen sich in der „Love Street“
und besuchen die große Moschee von Masqat, die auch von Andersgläubigen
betreten werden darf, schildern den modernen „Superhafen“ von Sohar und ein
Tauchcentrum, schlendern über den Souk in Matrah und finden heraus, warum
Sheikh Ahmad Farid Silbermünzen in seiner Hotelbar auslegte, es in Masqat eine
Oper gibt und wie man im Oman eine Immobilie kauft.
Ein Highlight im Buch sind die Sehenswürdigkeiten in und um Nizwa und deshalb ist es ein Schwerpunkt mit 13 verschiedenen Themen. In der Gebirgsregion um die ehemalige Hauptstadt Nizwa wurde die Geschichte des Landes geschrieben. In ihrer Umgebung liegen Forts, die Königsstadt Bahla, schmucke Oasen wie Al Hamra und Misfah. Man liest über die typischen Töpfereien, verschiedene Dattelsorten und vor allem über das ausgeklügelte Bewässerungssystem, das Aflaj genannt wird und die Terrassen bewässert. Man kann über Berge wandern und Höhlen besichtigen.
Schöne Bilder begleiten die Texte und geben einen guten Einblick in die verschiedenen Landschaften und Städte.
Insgesamt ein informatives Begleitbuch, das zur Vorbereitung
einer Reise in den Oman empfehlenswert ist.
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Luftschiffer |
WARUM BAYERN EIN ORIENTALISCHES LAND IST: und andere weiß-blaue Wahrheiten.
Auf diesen weiß-blauen Wahrheiten liegt der Schwerpunkt dieses amüsanten Buches mit 174 Seiten. 15 Kapitel, Prolog, Anmerkungen und Lesetipps nebst Register führen den interessierten Leser, er darf auch gern von außerhalb Bayerns sein, durch die doch umfangreiche Geschichte des Freistaates.
Vorwiegend heiter manchmal kriegerisch, aber nicht zu sehr, verwegen, grantlerisch und traditionell, das ist der Bayer in den Augen der „Anderen“, die trotzdem gern in Bayern wohnen, und das nicht nur wegen der saftigen Wiesen, der Sennerin auf der Alm und des überwiegend weiß-blauen Himmels.
Dass Bayern einst sogar bis nach Holland und zur Adria reichte, das Haus Wittelsbach mit seinen Königen, Herzögen, Fürsten, Grafen, u.a. und deren Eigenheiten prägend und am längsten (738 Jahre) regierte, wird in lockerem Stil und sehr aufschlussreich erzählt.
Immer wieder wird ein kurzer „Bayerisch-Kurs“ eingestreut und schwierige Worte werden erklärt, zum Beispiel Auszogne, Obazda, Zwiefache, Grischperl, Zwiderwurzn, Loamsiader, Dablecka, usw..
Was Reisende über Bayern geschrieben haben, findet Platz und auch Bayern sind gern gereist, darunter Therese von Bayern, die 1875 eine Reise nach Algerien (schon von Frankreich besetzt) und Tunesien (noch unter osmanischer Herrschaft), Spanien und Portugal unternahm und „als erste Frau überhaupt … von der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet“ wurde. „Sie brachte sich im Selbststudium elf Sprachen bei und die Grundlagen von Botanik, Ethnologie und Zoologie“, weil Frauen bis dahin an Universitäten in Bayern nicht zugelassen waren, wie uns der Autor berichtet.
Den größten Bezug zum Orient stellte zweifelsfrei König Ludwig II. her mit dem Interieur seiner Schlösser Linderhof und Neuschwanstein, dem Maurischen Kiosk am Hennenkopf, dem Marokkanischen Haus auf der Stockalpe u.a..
Abwechslungsreich schildert der Klaus Reichold Traditionen und Eigenarten der Bayern. Er geht zum Teil kritisch auf die neuere Geschichte ein, auf München mit seiner „Schicki-Micki-Gesellschaft“ und die Rolle der Frau.
Tatsächlich lebt in Bayern eine Vielzahl „Zuagroaster“, von anderswo Zugezogene meistens einträchtig nebeneinander, wobei auch ein Miteinander nicht zu kurz kommt.
Und der Satz „Außerhalb Bayerns gibt es kein Leben, und falls doch, dann kein solches“ (S. 69) fasst den Inhalt in einem Satz treffend zusammen.
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Bruckmann |
Zeno von
Braitenberg (Text) lebt in Südtirol, arbeitet als leitender Redakteur beim
öffentlich rechtlichen TV Sender Rai Südtirol und verreist ansonsten gerne zum
Schreiben und Erleben in die Welt. Besonders gerne zieht es ihn dabei immer
wieder in das Sultanat Oman, das bei jedem Besuch wieder neu beschrieben werden
kann. Im Bruckmann Verlag erschienen von Braitenberg Bücher über den Oman, das
Elsaß und Südtirol.
Udo Bernhart (Fotos) lebt abwechselnd im Vinschgau oder in Frankfurt am Main. Seit mehr als 40 Jahren arbeitet als freier Fotograf und Fotojournalist. Seine Aufträge führen ihn in die ganze Welt: Feuerland, China, Alaska, Kamtschatka und mehrmals auch in den Oman und nach Dubai. Seine Aufnahmen sind in deutschen sowie internationalen Magazinen erschienen. Er hat zahlreiche Fotoreportagen und mehr als 150 Bildbände veröffentlicht. Davon 40 bei Bruckmann.
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Tingeltangel |
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Manesse |
Olive Schreiner
Eine Farm in der südafrikanischen Karoo. In der Zeit, in der dieser Roman spielt, leben die Menschen noch nicht so eng beieinander wie heute. Die Farm auf der Kopje wird von Tant’Sannie, der Burenfrau mit ihren afrikanischen Dienstboten bewirtschaftet. Außerdem helfen der deutsche Aufseher Otto und sein Sohn Waldo bei der Schafzucht mit. Die beiden Kusinen Em und Lyndall sind noch minderjährig und Em wird die Farm erben, wenn sie volljährig ist.
Die Natur mit stürmischen Unwettern, die strahlende und brennende Sonne, der weite Himmel, die klaren Sternennächte werden immer wieder beschrieben, auch um die Stimmung und Gedanken der Menschen zu verdeutlichen.
Alle Bewohner sind gottesfürchtige und abergläubische Menschen, dieser Faden zieht sich durch das ganze Buch. Diese Gottergebenheit geht sogar so weit, dass Tant’Sannie klagt: „…Ich weiß wirklich nicht, weshalb man neuerdings Soda in den Topf tun soll. Wenn unser himmlischer Vater gewollt hätte, dass wir Soda unter die Seife mischen, hätte er doch keine Milchbüsche erschaffen und sie so fett wie Lämmer zur Lammungszeit überall auf dem Veld verteilt!“
In den folgenden Jahren findet sich Em mit ihrem Leben auf der Farm ab, die ihr bald gehört. Lyndall reicht das nicht. Sie ist rebellisch und geht fort, zuerst in ein Internat, später in andere Städte. Sie trifft einen Mann, den sie zwar nicht heiratet, aber ein Kind von ihm erwartet, was zu dieser Zeit natürlich eine Schande ist.
Auch Waldo verlässt die Farm, um später zurückzukehren. Sie Vater ist inzwischen gestorben, in den Tod getrieben von einem Hochstapler, der sich Bonaparte nennt und Tant’Sannie gegen den Deutschen aufhetzt. Allerdings wird auch Bonaparte die Farm nicht bekommen.
Waldo mag Em, aber er bewundert Lyndall, die so ganz anders ist als er. In Waldo findet Lyndall einen geduldigen Zuhörer ihrer Pläne und modernen emanzipatorischen Ansichten. Die Figur der Lyndall spiegelt auch die realen Gedanken der Autorin wieder, die sich in Südafrika für Gleichberechtigung einsetzt.
Als der Engländer Gregory Rose Em einen Antrag macht, zögert sie, denn sie ahnt, was kommen wird…
Zum 100. Todestag der Autorin am 11. Dezember 2020 wurde
der Roman vom Manesse Verlag (Manesse Bibliothek) neu aufgelegt.
Gerhard Schweizer hat Europa und den Westen immer wieder hinter sich gelassen. Er ist nach Nordafrika, in die Arabische Welt und nach Asien aufgebrochen, um unbekannte Welten zu erkunden. Eindrucksvoll schildert er Länder, Menschen und Abenteuer, die sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt haben.
Durch die weltweite Globalisierung und Vernetzung sind die Menschen immer näher zusammengerückt. Aber gleichzeitig fehlen uns ein tieferes Verständnis und die Akzeptanz für andere Kulturen. Nationalismus, Populismus und Rassismus sind auf dem Vormarsch. Und Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit sind in vielen Ländern Fremdwörter geblieben.
Um die gegenwärtigen Entwicklungen, Veränderungen und Konflikte zu verstehen, brauchen wir eine breitere Kenntnis unseres eigenen und der fremden Kulturräume. Schlüsselbegriffe wie Individuum, Familie, Gesellschaft, Staat, Glaube und Freiheit haben von Land zu Land völlig andere Bedeutungen. Oft endet die Verständigung an deren Grenzen.
Gerhard Schweizer plädiert für einen offenen Blick gegenüber dem Fremden, aber auch für eine reflektierte Wertschätzung der eigenen Kultur. Dies ist der Schlüssel zu einem friedlichen Miteinander in den kommenden Jahrzehnten.
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Orlanda |
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Lenos |
DEZEMBERKIDS
Und wieder hat Kaouther Adimi einen brillanten Roman veröffentlicht, der die algerische Gesellschaft von heute treffend beschreibt.
Die Aufregung ist groß. Schnell spricht sich herum, was auf dem brachliegenden Bolzplatz passiert ist und sehr schnell verbreitet sich die Geschichte über zwei verprügelte Generäle in den sozialen Medien, zu schnell für manche. Die Zeitungen schreiben darüber, die Leute lachen und freuen sich über den Mut der Jugendlichen.
Die Autorin beobachtet genau, wie ihre Landsleute kennt sie natürlich die Machenschaften der Oberen. Wie sie selbst sagt, ist Fußball nicht nur das Spiel sondern auch eine Möglichkeit der Gesellschaft sich zu äußern, sei es mit Gesängen, sei es mit Schlachtrufen, die versteckt die Regierung treffen sollen.
Auch das Nachwort der Übersetzerin Regina Keil-Sagawe soll erwähnt werden. Seit Jahren bringt sie uns die Schriftsteller Nordafrikas näher. Sie übersetzt nicht nur aus dem Französischen, ebenso kennt sie die Situation in den Ländern des Maghreb.
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Manesse |
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Orlanda |
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Orlanda |
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Orlanda |
Seit über 30 Jahren der Klassiker der afro-deutschen
Bewegung in Deutschland!
Mit neuem Vorwort von Katharina Oguntoye.
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Orlanda |
weitere Informationen unter: Florence Brokowski-Shekete
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Orlanda |
Minarett
Leila Aboulela
Das Minarett ist der Turm bei einer Moschee. Der Name geht auf Manara, arabisch für Leuchtturm zurück. Und wie ein Leuchtturm für die Seele steht für Nadschwa das Minarett in London, an dem sie jeden Tag vorbeigeht. Dass sie auch in die Moschee hineingehen könnte, erkennt Nadschwa erst später.
Sie sind schon eine privilegierte, westlich orientierte Familie. Die Mutter ist reich, sie heiratet nach ihrer Scheidung einen Mann, der mehr auf ihr Geld und einen erfolgreichen Posten in der Regierung schaut. Sie haben ein großes Haus, Autos und viele Hausangestellte. Nadschwa und ihr Zwillingsbruder Omar vergnügen sich in Clubs und auf Partys, beide studieren in Khartum mehr oder weniger erfolgreich. In den Ferien reist die Familie nach Europa, in London hat sie ein Appartement. Kurzum, der nordsudanischen Familie geht es sehr gut. Religion schert sie wenig. Während des Ramadan schaut sie mehr auf „die Linie“ und zu viele „Pfunde“ als auf religiöse Pflichten.
Plötzlich ändert sich die Situation im Land. Sudan, jetzt Nordsudan, ist von einem Putsch getroffen und Nadschwas Vater wird Korruption vorgeworfen. Er soll der Mann hinter dem Präsidenten, der „Drahtzieher“ der Regierung gewesen sein. Gerade will er am Abend des Putschs mit seinem Auto aus der Stadt verschwinden, da blockiert ein Auto seine Ausfahrt und er wird abgeholt. Kurz darauf wird er gehängt.
Von einem Tag zum anderen muss die Familie flüchten. Die Mutter reist mit ihren Kindern nach London, wie eine Flucht kommt es ihnen zuerst nicht vor. Dann wird die Mutter sehr krank und stirbt. Omar verstrickt sich in Drogendelikten und muss für lange Zeit ins Gefängnis. Und Nadschwa wundert sich über ihre „neue Freiheit“, in der sich niemand um sie kümmert bzw. es kümmert niemanden, was sie tut und es stört auch niemanden, was sie tut. In einer Millionenstadt wie London bleibt sie anonym, was in Khartum undenkbar gewesen wäre, immer stand sie unter Beobachtung, durch die Hausangestellten, durch Klassenkameraden, durch die Gesellschaft an sich.
Nach und nach verliert Nadschwa ihren Wohlstand und befindet sich plötzlich selbst in der Situation, sich als Hausangestellte ihren Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Sie erinnert sich an die Lage der Diener in ihrem Elternhaus in Khartum und nun ist sie nicht mehr besser als sie. In London lebt auch ihre Tante und andere Sudaner, mit denen Nadschwa Kontakt hat. Teilweise geht es diesen besser, weil sie nicht so sehr im Rampenlicht standen wie Nadschwas Familie, die sich vor Verfolgungen schützen muss.
In diesem Buch gibt es zwei Handlungsstränge. Zum einen die aktuelle Situation, in der sich Nadschwa in London befindet und zum anderen die Zeit in Khartum ab 1984 und die Erinnerungen daran.
Fazit:
Die Autorin Leila Aboulela beschreibt nachvollziehbar die Gefühle der Menschen, die im Roman agieren. Die Zerrissenheit Nadschwas, die Freiheit ihres Tuns in London, ohne dass jemand Notiz davon nimmt, die Freiheit in Khartum, die sie nur hat, weil sie und ihre Familie zur Oberschicht gehört wird deutlich dargestellt. Auch den anderen Figuren geht es ähnlich. Dadurch erreicht die Autorin, dass man länger über den Inhalt nachdenkt.
Wie oft, wenn sich der alltägliche Trott plötzlich
ändert, sich das Schicksal dreht und man nicht mehr aus noch ein weiß, sehnt
man sich nach Geborgenheit und wenn diese nicht bei Partnern oder in der
Familie gefunden wird, wird die Religion plötzlich wichtig. Dabei ist es egal,
ob man Muslim oder Christ ist, das Gefühl ist dasselbe. So ergeht es Nadschwa
und bei ihr ist es der Gang in die
Moschee, in anderen Kulturen geht man in die Kirche, aber der Gedanke ist gleich.
Am Ende ist es ihr tatsächlich möglich eine Pilgerreise nach Mekka zu
unternehmen.
Ein fesselnd geschriebener Schicksalsroman.
NEU
KAOUTHER ADIMI
DEZEMBERKIDS
Roman
Algerische Revolution gestern und heute: der neue Roman der preisgekrönten algerisch-französischen Jungautorin.
Eine Brache in der Cité du 11-Décembre, in der Banlieue von Algier. Die Kinder und Jugendlichen des Viertels haben sie sich erobert. Den Kopf voller Träume, spielen sie dort Fußball, auch wenn der Regen das Areal immer wieder in Schlamm verwandelt.
Eines Tages tauchen zwei Generäle mit Bauplänen auf. Sie wollen dort ihre Villen errichten, das Grundstück gehört nun ihnen. Doch den Kindern gelingt es, die Männer fürs Erste zu vertreiben, und schon bald organisieren sie den Widerstand.
Anders als ihre resignierten Eltern sind die jungen Menschen nicht willens, sich zu beugen. Die Spannung steigt. Wird der Machtapparat die rebellische Jugend doch noch in die Knie zwingen?
Anhand dieses Konflikts erkundet Kaouther Adimi die algerische Gesellschaft. Sie beleuchtet Korruption und Machtmissbrauch, die Geschichte des Landes, den Kampf gegen die Franzosen und die Islamisten und auch die Lebensrealität der Frauen in den letzten Jahrzehnten.
Ein Buch, das Mut macht und Hoffnungen weckt und angesichts des Volksaufstands gegen Expräsident Bouteflika geradezu prophetisch erscheint.
Autorin:
Kaouther Adimi, geboren 1986 in Algier, lebt und arbeitet seit 2009 in Paris. Sie veröffentlichte bisher vier Bücher, die zahlreiche Preise erhielten. Nach Des ballerines de papicha und Des pierres dans ma poche (dt. Steine in meiner Hand, Lenos 2017) war ihr dritter Roman Nos richesses (dt. Was uns kostbar ist, Lenos 2018) für den Prix Goncourt 2017 nominiert und wurde mit dem Prix Renaudot des lycéens und dem Prix du Style ausgezeichnet.
Aus dem Französischen von Regina Keil-Sagawe
LEILA ABOULELA
MINARETT
Roman
Nadschwa wächst in einer privilegierten und westlich orientierten Oberschichtfamilie in Khartum auf. Nach einem Putsch flieht die Studentin mit ihrer Mutter und ihrem Bruder ins politische Exil nach London. Sie verliert ihren Wohlstand und bald auch ihre Eltern.
Einst hatte sie davon geträumt, einen wohlhabenden Mann zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen. Nun ist sie auf sich allein gestellt und muss ganz unten neu anfangen. Sie arbeitet als Dienstmädchen und Putzfrau bei reichen Familien, erkämpft sich eine unabhängige Existenz.
Sie knüpft Freundschaft mit den Frauen der muslimischen Gemeinde. Und findet eine neue Heimat im Glauben. Als sie Tâmer kennenlernt, den ernsten und strenggläubigen Bruder ihrer Arbeitgeberin, muss sie sich entscheiden.
Minarett erzählt eindrücklich und aufschlussreich von Migration, sozialem Abstieg und von der religiösen Gemeinschaft als Heimat und Ort der Unabhängigkeit. Eine überraschende, provokative Emanzipationsgeschichte, die einen Sturm in der englischen Presse auslöste.
Autorin:
Leila Aboulela, geboren 1964 in Kairo, wuchs als Tochter einer ägyptischen Mutter und eines sudanesischen Vaters in Khartum, Sudan, auf. Sie studierte Ökonomie und Statistik an der dortigen Universität sowie Ökonomie und Politikwissenschaft in London. Ab 1990 Dozentin und wissenschaftliche Assistentin in Aberdeen, Schottland. Nach Jahren in Jakarta, Dubai, Abu Dhabi und Doha lebt sie seit 2012 wieder in Aberdeen. Aboulela veröffentlichte fünf Romane, zwei Erzählbände und Hörspiele. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in rund fünfzehn Sprachen übersetzt. leila-aboulela.com
Aus dem Englischen von Irma Wehrli
Couscous mit Zimt
Elsa Koester
Hauptsächlich dreht sich der Roman um Mamie Lucile, der Großmutter, von Marie, ihrer Tochter und von Lisa, der Tochter von Marie und Enkelin von Mamie Lucile. Ihre Leben werden aus der jeweiligen Sicht und Situation erzählt. Außerdem gehören noch Solange, die Schwester von Marie und ihre Tochter Charlotte zur Familie von Mamie Lucile. Die Männer spielen eher eine untergeordnete Rolle.
Großmutter „Mamie“ Lucile wurde fast Einhunderteins Jahre alt und besaß eine Wohnung in Paris, in der heutigen Avenue de Flandre. Nach ihrem Tod erbte zuerst Marie die Wohnung und Solange wurde ausbezahlt. Weil Marie kurz nach Lucile starb, erbte Lisa die Wohnung und nun steht ihr der Verkauf bevor, da Lisa in Berlin lebt. Im Moment hat sie die Wohnung an Larissa vermietet, einer Studentin, die ebenfalls aus Berlin stammt, aber in Paris studiert.
Lisa fährt nach Paris, um einige Möbel und andere Erinnerungsstücke nach Berlin zu schicken und besucht ihre Tante Solange und ihre Cousine Charlotte. Von ihnen erfährt Lisa ganz neue Versionen der Lebensgeschichte ihrer Verwandten und darum geht es in diesem Roman.
Jedes Kapitel trägt die Überschrift derjenigen Frau, die
das Kapitel erzählt, meist wechseln sich Marie und Lisa ab.
Marie „erinnert“ sich an ihre Kindheit in Tunesien, wo sie als Tochter französischer Einwanderereltern, sogenannten Pieds-noirs, in einem kleinen Ort geboren wurde und ihre ersten Jahre verbrachte, vor allem mit Aisha, ihrer tunesischen Freundin. Auch ihre Schwester Solange wurde in Tunesien geboren. Ihr Vater kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Später zog die Familie nach Tunis, dann musste sie nach Frankreich übersiedeln. In Frankreich wuchsen Marie und Solange zu Jugendlichen heran und Marie ging nach Paris, um dort zu studieren und erlebte dort die „wilde Zeit“ der Hippies in den 1968er Jahren. Im Laufe ihres bewegten Lebens lernte Marie natürlich Männer kennen, darunter den deutschen Vater von Lisa.
Lisa erzählt von der heutigen Situation, sie gerät in die Proteste der Pariser Bevölkerung und lernt die Kommilitonen von Larissa kennen, die die Streiks begeistert mitmachen. In der Wohnung findet sie Erinnerungen an ihre Großmutter, Briefe, Bilder und lässt sich in die Vergangenheit ihrer Mutter fallen. Sie erfährt, dass ihre Großmutter natürlich ihre Töchter liebte, aber auch sehr hart sein konnte, von Maries Alkoholproblemen und ihren Folgen, Versionen, die sie noch nicht kannte.
Lisas Abstand von ihren Verwandten, die in Frankreich leben, macht sie neugierig, denn sie kennt nur die Geschichten ihrer Mutter, aber nun erfährt sie auch etwas von ihren Onkeln Antoine und Maurice, die Söhne aus der erste Ehe ihrer Großmutter und ihr Leben in Tunesien, als die Franzosen als Kolonialisten in Algerien und Tunesien lebten. Sie hatten Angst, als die Algerier ihre Unabhängigkeit nach über Einhundert Jahren Kolonialismus und Erniedrigung einforderten, dass die Tunesier ebenfalls die Kolonialisten hinauswerfen. Und Lisa hört, wie die kleine Familie in Frankreich lebten und ihre Mutter Marie die Familie verlässt und dabei über Umwege nach Berlin kommt.
Autorin:
Elsa Koester
wurde 1984 als Tochter einer französischen Pied-noir mit tunesischer
Kolonialgeschichte und eines norddeutschen Friesen mit US-amerikanischer
Auswanderungsgeschichte in Berlin geboren, wo sie heute lebt. Sie studierte
Literatur- und Politikwissenschaft sowie Soziologie und engagierte sich über 15
Jahre in sozialen Bewegungen. Heute arbeitet sie als politische Redakteurin bei
der Wochenzeitung »Der Freitag«. Die neu entflammte Debatte über Identität und
Heimat inspirierte sie zu ihrem Romandebüt »Couscous mit Zimt«, in das ihre
Erfahrungen aus einer diversen kulturellen Identität, als Journalistin und Aktivistin
mit einfließen.
Fazit:
Es ist ein amüsanter Frauenroman, in dem auch Männer vorkommen. Lisa, Charlotte und Larissa sind die „Gegenwart“, alle anderen Figuren erzählen von früher. Wie in jeder Familie empfinden und sehen die Mitglieder die jeweilige Situation anders, aus ihrer Sicht. Es wird gestritten und sich versöhnt. Die Autorin beobachtet sehr genau und schildert Alltagssituationen detailliert. Ihr Stil ist leicht und das Buch gut zu lesen.
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FVA |