Kösel |
Rezension
Hans Stoisser
Der schwarze Tiger
Was wir von Afrika lernen können
Im Afrika südlich
der Sahara werden auch die Armen reicher und diese Entwicklung wird in Europa
nicht zur Kenntnis genommen.
Ein aufschlussreiches Zitat: Die Krisenländer in
Subsahara-Afrika „repräsentieren nur mehr 8% der Wirtschaftsleistung, sind aber
wahrscheinlich für 90% der Schlagzeilen in den europäischen Medien
verantwortlich.“
In den westlichen Medien wird gebetsmühlenartig das
zunehmend rassistische Bild des unterentwickelten Afrikas gezeichnet, und die
Angst vor Millionen Flüchtlingen, die immer nur nach Europa wollen, geschürt.
Dabei wird übersehen, dass sich seit rund 30 Jahren in den meisten afrikanischen
Ländern ein Wandel vollzieht.
Afrika sollte nicht nur als Ziel akademischer
Selbstverwirklichung europäischer Ethnologen, „Destination exotischer Reisen“
oder Hintergrund schmachtender Filme als Kulisse dienen.
Wie bedeutend sind afrikanische Länder inzwischen für
deutsche oder österreichische Unternehmen? Wieso wurde Europa von China und
Indien aus den afrikanischen Märkten verdrängt? Könnte Afrika als
wirtschaftlicher und kultureller Partner auf Augenhöhe interessant werden?
Hans Stoisser ist seit 30 Jahren in Afrika unterwegs und
dort als Unternehmer und Managementberater tätig. Er erlebt die Entwicklung mit
und fasst seine Erkenntnisse in diesem Buch zusammen, das als Ratgeber für
Unternehmen dienen kann, die Afrika nicht Ländern wie China, Indien oder
Brasilien überlassen wollen.
Die Globalisierung hat auch von Afrika nicht halt gemacht
und dank moderner Kommunikation und Internetzugang weiß man auch in Ländern wie
Mozambik, Angola, Ruanda oder Sambia, was „in der Welt los ist“. Vorbei ist die
Zeit der armseligen Rundhütten und um die Feuerstellen tanzende halbangezogene Dämonenanbeter. Moderne Städte mit
Millionen von Einwohnern, die in Banken, Kanzleien und Supermärkten arbeiten
unterscheiden sich kaum noch von Städten im Rest der Welt. Trotzdem versucht
die deutsche bzw. europäische Entwicklungshilfe ihre Arbeit zu rechtfertigen,
in dem Bilder von Hungernden und Katastrophen gezeigt werden, um zum Spenden
aufzurufen, die nur dem Überleben der Entwicklungshilfeorganisationen dienen.
Inzwischen gibt es 23 aufstrebende Länder, darunter
Burkina Faso, Lesotho, Ruanda, Sao Tomé und Principe, Kap Verden, Liberia,
Malawi, Benin, um die unbekannteren zu nennen. Und neun Erdöl exportierende
Länder, darunter neben Nigeria und Angola auch Gabun, Südsudan, Kamerun oder
Äquatorialguinea, die zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents erheblich
beitragen.
Die Wirtschaft setzt nicht nur auf Öl und andere
Rohstoffe sondern auf „eine breite ökonomische Basis“. Anhand von Beispielen
u.a. aus Ghana (S.21) zeigt der Autor die Wende von einem ausbeuterischen
Regime vor dem Millionen Ghanaer auswanderten und sich die Produktion von
Getreide und Kakao halbierte zu einem ausgeglichenen Haushalt durch eine „Wiederaufbau-
und Sparpolitik“, bei einer Verdoppelung der Bevölkerungszahl von 12 auf 25
Millionen.
Die feudalen und kolonialen politischen Machtsysteme der
1970er und 1980er Jahre mit „Obrigkeitshörigkeit“ der Bürger und Hierarchien
weichen allmählich vor neuen Generationen von Politikern, die private
Unternehmen dulden bzw. fördern. Denn sie haben erkannt, „dass es ihnen selbst
besser geht“, wenn die Privatwirtschaft floriert.
Der nächste Schritt zu mehr gesamtafrikanischem Selbstbewusstsein
war die Befreiung Nelson Mandelas in Südafrika 1990 und der ausgebliebene befürchtete
Bürgerkrieg. Das jahrelang isolierte Südafrika wird zur Wirtschaftslokomotive
des südlichen Afrikas. Zahlreiche Firmen, darunter etliche deutsche Autobauer
und andere Großkonzerne nutzten die Gelegenheit zum Aufbau von Filialen. Vor unbekannteren
Ländern und höherem Risiko schrecken die Konzerne zurück und investieren nicht.
Die deutsche und europäische Presse stellen Konflikte und
Kriege in den Vordergrund, negative Schlagzeilen verkaufen sich besser.
Tatsächlich sind die kriegerischen Auseinandersetzungen von 30 im Jahr 1990 auf
aktuell 7 zurückgegangen, was bedeutet, dass von 54 Staaten Afrikas, abzüglich
der fünf nordafrikanischen, die im Buch nicht Thema sind, also in 42 Staaten weitgehend
Frieden herrscht!
Auch die Anzahl der als „Demokratien bezeichneten Länder“
hat sich von drei im Jahr 1990 auf nunmehr 25 in Gesamtafrika erhöht. „Weitere
22 Länder halten mehr oder weniger perfekte, aber immerhin Wahlen ab.“
Diese kurzen Beispiele zeigen die deutlichen
Veränderungen auf dem Kontinent seit der Wende 1990, die nicht nur in
Deutschland und Europa sondern mit dem Zusammenbruch des Kommunismus auch
Afrika erfasste. Ein neuer Blick auf Afrika mit veränderten Ideologien,
Demokratie und Marktwirtschaft tut Not. Globalisierung verändert den Kontinent,
der durch die Verbreitung der mobilen Kommunikationsgeräte in der Zukunft
angekommen ist.
Interessanterweise hat nur eine kleine Gruppe die Chancen
einer Zusammenarbeit mit dem modernen Afrika erkannt - die deutschen mittelständischen
Unternehmen.
Autor:
Hans Stoisser studierte Volkswirtschaftslehre und
Internationale Beziehungen. Er lebt in Wien.
Fazit:
Ein wertvolles und überaus wichtiges Buch. Es sei allen ans
Herz gelegt, die sich über „das neue moderne Afrika“ informieren möchten und
die das „veröffentlichte negative und veraltete Afrikabild“ der Medien
hinterfragen, die 54 Länder mit rund 900 Millionen Menschen auf dem
drittgrößten Kontinent der Welt oft genug pauschal und abschätzig als „ein Land
Afrika“ bezeichnen!
Im Anhang hält der Autor Checklisten für Unternehmer,
Investoren und Engagierte bereit, die zur „Gestaltung der Zusammenarbeit mit
afrikanischen Ländern auf Augenhöhe“ dienen sollen.
Literaturhinweise ergänzen die Ausführungen. Unbedingt
lesenswert.