Mittwoch, 3. Februar 2016

Rezension - Der Schwarze Tiger


Kösel

Rezension
   
Hans Stoisser

Der schwarze Tiger   
Was wir von Afrika lernen können

Im Afrika südlich der Sahara werden auch die Armen reicher und diese Entwicklung wird in Europa nicht zur Kenntnis genommen. 
Ein aufschlussreiches Zitat: Die Krisenländer in Subsahara-Afrika „repräsentieren nur mehr 8% der Wirtschaftsleistung, sind aber wahrscheinlich für 90% der Schlagzeilen in den europäischen Medien verantwortlich.“

In den westlichen Medien wird gebetsmühlenartig das zunehmend rassistische Bild des unterentwickelten Afrikas gezeichnet, und die Angst vor Millionen Flüchtlingen, die immer nur nach Europa wollen, geschürt. Dabei wird übersehen, dass sich seit rund 30 Jahren in den meisten afrikanischen Ländern ein Wandel vollzieht.

Afrika sollte nicht nur als Ziel akademischer Selbstverwirklichung europäischer Ethnologen, „Destination exotischer Reisen“ oder Hintergrund schmachtender Filme als Kulisse dienen.
Wie bedeutend sind afrikanische Länder inzwischen für deutsche oder österreichische Unternehmen? Wieso wurde Europa von China und Indien aus den afrikanischen Märkten verdrängt? Könnte Afrika als wirtschaftlicher und kultureller Partner auf Augenhöhe interessant werden?
Hans Stoisser ist seit 30 Jahren in Afrika unterwegs und dort als Unternehmer und Managementberater tätig. Er erlebt die Entwicklung mit und fasst seine Erkenntnisse in diesem Buch zusammen, das als Ratgeber für Unternehmen dienen kann, die Afrika nicht Ländern wie China, Indien oder Brasilien überlassen wollen.

Globalisierung in Afrika

Die Globalisierung hat auch von Afrika nicht halt gemacht und dank moderner Kommunikation und Internetzugang weiß man auch in Ländern wie Mozambik, Angola, Ruanda oder Sambia, was „in der Welt los ist“. Vorbei ist die Zeit der armseligen Rundhütten und um die Feuerstellen tanzende  halbangezogene Dämonenanbeter. Moderne Städte mit Millionen von Einwohnern, die in Banken, Kanzleien und Supermärkten arbeiten unterscheiden sich kaum noch von Städten im Rest der Welt. Trotzdem versucht die deutsche bzw. europäische Entwicklungshilfe ihre Arbeit zu rechtfertigen, in dem Bilder von Hungernden und Katastrophen gezeigt werden, um zum Spenden aufzurufen, die nur dem Überleben der Entwicklungshilfeorganisationen dienen.
Inzwischen gibt es 23 aufstrebende Länder, darunter Burkina Faso, Lesotho, Ruanda, Sao Tomé und Principe, Kap Verden, Liberia, Malawi, Benin, um die unbekannteren zu nennen. Und neun Erdöl exportierende Länder, darunter neben Nigeria und Angola auch Gabun, Südsudan, Kamerun oder Äquatorialguinea, die zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents erheblich beitragen.

Wirtschaftsleistungen steigen

Die Wirtschaft setzt nicht nur auf Öl und andere Rohstoffe sondern auf „eine breite ökonomische Basis“. Anhand von Beispielen u.a. aus Ghana (S.21) zeigt der Autor die Wende von einem ausbeuterischen Regime vor dem Millionen Ghanaer auswanderten und sich die Produktion von Getreide und Kakao halbierte zu einem ausgeglichenen Haushalt durch eine „Wiederaufbau- und Sparpolitik“, bei einer Verdoppelung der Bevölkerungszahl von 12 auf 25 Millionen.
Die feudalen und kolonialen politischen Machtsysteme der 1970er und 1980er Jahre mit „Obrigkeitshörigkeit“ der Bürger und Hierarchien weichen allmählich vor neuen Generationen von Politikern, die private Unternehmen dulden bzw. fördern. Denn sie haben erkannt, „dass es ihnen selbst besser geht“, wenn die Privatwirtschaft floriert.
Der nächste Schritt zu mehr gesamtafrikanischem Selbstbewusstsein war die Befreiung Nelson Mandelas in Südafrika 1990 und der ausgebliebene befürchtete Bürgerkrieg. Das jahrelang isolierte Südafrika wird zur Wirtschaftslokomotive des südlichen Afrikas. Zahlreiche Firmen, darunter etliche deutsche Autobauer und andere Großkonzerne nutzten die Gelegenheit zum Aufbau von Filialen. Vor unbekannteren Ländern und höherem Risiko schrecken die Konzerne zurück und investieren nicht.

Negative Schlagzeilen verkaufen sich besser 

Die deutsche und europäische Presse stellen Konflikte und Kriege in den Vordergrund, negative Schlagzeilen verkaufen sich besser. Tatsächlich sind die kriegerischen Auseinandersetzungen von 30 im Jahr 1990 auf aktuell 7 zurückgegangen, was bedeutet, dass von 54 Staaten Afrikas, abzüglich der fünf nordafrikanischen, die im Buch nicht Thema sind, also in 42 Staaten weitgehend Frieden herrscht!
Auch die Anzahl der als „Demokratien bezeichneten Länder“ hat sich von drei im Jahr 1990 auf nunmehr 25 in Gesamtafrika erhöht. „Weitere 22 Länder halten mehr oder weniger perfekte, aber immerhin Wahlen ab.“
Diese kurzen Beispiele zeigen die deutlichen Veränderungen auf dem Kontinent seit der Wende 1990, die nicht nur in Deutschland und Europa sondern mit dem Zusammenbruch des Kommunismus auch Afrika erfasste. Ein neuer Blick auf Afrika mit veränderten Ideologien, Demokratie und Marktwirtschaft tut Not. Globalisierung verändert den Kontinent, der durch die Verbreitung der mobilen Kommunikationsgeräte in der Zukunft angekommen ist.
Interessanterweise hat nur eine kleine Gruppe die Chancen einer Zusammenarbeit mit dem modernen Afrika erkannt - die deutschen mittelständischen Unternehmen.

Autor:
Hans Stoisser studierte Volkswirtschaftslehre und Internationale Beziehungen. Er lebt in Wien.  

Fazit:
Ein wertvolles und überaus wichtiges Buch. Es sei allen ans Herz gelegt, die sich über „das neue moderne Afrika“ informieren möchten und die das „veröffentlichte negative und veraltete Afrikabild“ der Medien hinterfragen, die 54 Länder mit rund 900 Millionen Menschen auf dem drittgrößten Kontinent der Welt oft genug pauschal und abschätzig als „ein Land Afrika“ bezeichnen!

Im Anhang hält der Autor Checklisten für Unternehmer, Investoren und Engagierte bereit, die zur „Gestaltung der Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern auf Augenhöhe“ dienen sollen.
Literaturhinweise ergänzen die Ausführungen. Unbedingt lesenswert.