Sonntag, 31. Januar 2016

Rezension: Der lange Weg zum Wasser

Rezension

Linda Sue Park

Der lange Weg zum Wasser   

Wie schwer es ist im Süd-Sudan an sauberes Wasser zu gelangen, beschreibt Linda Sue Park in dieser wahren Geschichte.

Salva, der 11jährige Dinka-Junge ist gerade in der Schule, als Schüsse den Unterricht stören. Der Lehrer schickt die Kinder mit nachdrücklichen Worten in den Busch. Sie sollten nicht mehr nach Hause in ihre Dörfer gehen, die von bewaffneten Männern überfallen werden.

Ab 1983 herrscht im Sudan ein Bürgerkrieg, der die überwiegend christliche Bevölkerung im Süden von der islamischen Bevölkerung im Norden unterdrückt und zu größter Not führt.
Salvas Dorf Loun-Ariik wird 1985 überfallen. Er flieht, wie viele andere, aus dem südlichen Sudan. Tausende Schulkinder, Jugendliche, Frauen mit ihren Babys, Mädchen und Männer durchqueren Savanne und Wüste, um über den Nil nach Äthiopien in Sicherheit zu gelangen, die nicht lange währt.

Die Autorin beschreibt den steinigen Weg des 11jährigen, der zuvor ein normales Leben mit seiner Familie führte. Sein Vater hat ein Menge Vieh, Mangel an Lebensmitteln herrscht nicht. Doch nun lernt Salva eine andere, grausame Seite des Lebens kennen. Der kleine Junge ist allein, von seiner Familie getrennt, er fühlt sich einsam und verlassen. Dann trifft er einen gleichaltrigen Freund, doch der wird von einem Löwen getötet. Sein Onkel, den Salva zufällig wiederfindet, wird vor seinen Augen von Räubern erschossen. Salva sieht verdurstete Männer des Flüchtlingszuges und tausende  Menschen, die auf der Flucht vor äthiopischen Soldaten erschossen oder im Fluss von Krokodilen zerfetzt werden.

Doch eines konnte ihm sein Onkel noch mit auf seinen Lebensweg geben: immer einen Schritt nach dem anderen zu gehen - vom Baum zum Fels, vom Fels zum Busch, vom Busch zur Sanddüne usw. An dieses Motto hält sich Salva und es hilft ihm in Flüchtlingslagern in Äthiopien und Kenya zu überleben, 6 Jahre in Äthiopien, 5 Jahre in Kenya.
Salva ist 22 Jahre alt, als Rettung für ihn und andere junge Männer seines Alters naht. Wird er es schaffen, sein zukünftiges Leben in einem anderen Kontinent zu meistern?


Nya, das Nuer-Mädchen lebt 2008 mit ihrer Familie im Südsudan, nun der 54. Staat in Afrika. Dinka- und Nuer-Menschen mögen sich nicht.
Jeden Tag geht Nya zweimal zu Fuß zur Wasserstelle. Sie kann nicht öfter gehen, weil der Weg zum Brunnen zu weit ist. Sie ist auch 11 Jahre alt. Mutter kümmert sich um die Kleinsten. Das Wasser ist schlammig. Während der Trockenzeit muss Nya tief graben, um noch ein paar Schlucke für die Familie aus dem ausgelaugten Boden zu pressen. Es reicht trotzdem nicht für alle, ihre kleine Schwester wäre fast gestorben.
2009 ist es endlich soweit. Ein Brunnen wird gebohrt. Später kommt eine Schule dazu, die neben dem Brunnen gebaut wird. Nya kann es kaum fassen, denn auch sie als Mädchen darf dort zur Schule gehen und sie hat die Zeit dafür.
Etwas abseits steht ein Mann, ein Dinka. Nya, das Nuer-Mädchen bedankt sich bei ihm.

Autorin
Linda Sue Park lebt mit ihrer Familie in Rochester, New York. Sie verfasst Romane, Bilderbücher und Gedichte. Mit ihrem Roman „A Single Shard“ gewann sie die renommierte Newbery Medal.

Fazit:
Dieses Buch erinnert an die prekäre Situation im Sudan. Auch heute ist noch kein Frieden eingekehrt. In der Darfur-Region im Westen leben Tausende Menschen unter unwürdigen Verhältnissen in riesigen Lagern und sind in Europa fast vergessen.
Der Südsudan ist zwar unabhängig, aber der Norden will sich damit nicht abfinden und der Streit um die reichen Ölvorkommen im Süden sind noch nicht beendet und damit auch nicht die Not der Menschen, die nicht nur unter den schweren Kriegen sondern obendrein noch mit schweren Dürreperioden unfassbar viel Leid ertragen müssen.

Die Autorin beschreibt mit großem Einfühlungsvermögen die Wege von Salva und Nya. Sie erinnert damit an die Lage im Sudan und Südsudan, die von Menschenrechtsorganisationen unterstützt, aber fast aus den Schlagzeilen geraten ist.
Ein lesenswertes Buch für Jugendliche ebenso wie für Erwachsene, sehr zu empfehlen, auch im Hinblick auf die Flüchtlinge in Europa, für die eine Mahlzeit mit sauberem Wasser ebenso wichtig ist, wie für die Menschen im Sudan.